Sangen, die

[1279] * Die Sangen, sing. inus. ein im Hochdeutschen völlig unbekanntes Wort, welches mehrmahls in der Deutschen Bibel vorkommt, wo es gesengte oder geröstete Ähren bedeutet. Willt du ein Speiseopfer dem Herrn thun von den ersten Früchten, sollt du die Sangen, am Feuer gedörret, klein zerstoßen – opfern, 3 Mos. 2, 14. Und sollt kein neu Brod, noch Sangen, noch Korn zuvor essen, Kap. 23, 14. Sie aßen am andern Tage des Passah ungesäuert Brod und Sangen, Jos. 5, 11. Boas legte der Ruth Sangen vor, Ruth 2, 14. Eine Epha Sangen, 1 Sam. 17, 17. In welchen Stellen Michaelis dafür geröstet Korn setzt. Im Hebräischen befindet sich das Wort קלי, von קלה, rösten, und Ludolf glaubte, daß es in diesen Stellen den Kaffeh bedeute, welchen man gemeiniglich für ein Getränk von weit jüngerer Erfindung hält. Das Wort Sangen ist so wohl im Ober- als Niederdeutschen selten, und es scheint, daß Luther es bloß aus ältern Übersetzungen entlehnet habe; denn nach dem Frisch heißt es in der alten 1483 gedruckten Deutschen Bibel, Jos. 5, 11: sie aßen von den Sangen der Erden, wo die Vulgata setzet: comederunt de frugibus terrae. Man leitet es gemeiniglich von sengen ab, weil die Sangen eigentlich ein Büschel Ähren sind, die man am Feuer abgesenget, und die Körner auf diese Art geröstet[1279] hat. Allein, es scheinet, daß dieses Wort ein Bündel oder Büschel überhaupt bedeute. Frisch selbst führet aus Fritsch Var. Tract. die Stelle an: wenn jemand aus den Hopfenbergen die Sangen wegtrüge oder sonst dem Hopfen Schaden zufügete; wenn hier anders nicht durch einen Schreib- oder Druckfehler Sangen für Stangen gesetzet worden. In Killians Holländ. Wörterbuche wird Sangh, Sanghe durch Fasciculus spicarum erkläret, allein in van Hoogstratens Woordboeck findet sich dieses Wort nicht.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1279-1280.
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