Saum (1)

[1303] 1. Saum, ein Wort, welches ursprünglich mit Sam einerley ist, und in einem eben so weiten Umfange der Bedeutung gebraucht wird, als Sahl, von welchem hier etwas überhaupt bemerkt werden muß, damit man den Zusammenhang der folgenden Wörter und ihrer Verwandten desto besser übersehen könne. Es ist so wie alle Wörter. 1. eigentlich eine Nachahmung eines gewissen eigenthümlichen Lautes, von welchem schon bey den verwandten Sam, Same und Säen etwas gesagt worden. Summen und das Nieders. semmeln, ein langsames, albernes Geschwätz vorbringen, sind Intensiva davon, wo doch in dem ersten das tiefe u den groben, dumpfigen Laut bezeichnet. 2. In weiterer Bedeutung ist es ein Ausdruck der Bewegung, besonders einer solchen, als der durch Sam und Saum ausgedruckte Laut voraussetzt; wo es wieder sehr mancherley Arten der Bewegung bezeichnet. 1) Überhaupt; wohin der Begriff des Nehmens, an sich Reißens gehöret, daher das Lat. sumere, obgleich dieses auch zu sammeln, in einen Haufen vereinigen, gehören kann. Ferner der Begriff des Zermalmens, daher das Lat. Simila, Semmelmehl; der Begriff des Nachahmens, similis, Simia, unser sam; der Begriff der schnellen Bewegung, wovon die Bedeutung des Lichts eine Figur ist, Engl. to seem, scheinen, und unser Sommer; der Begriff der sich in Einen Punct sammelnden Menge, daher Same, sammeln, Summa u.s.f. der Begriff der glatten, gleitenden Bewegung, daher Seim, Sumen, Schmer, sanft, ehedem samft, Sumpf; der Begriff der Langsamkeit, der Ruhe, daher säumen, Somnus, zahm u.s.f. obgleich dieser Begriff auch eine Figur der Aushöhlung, des Daches, des Schutzes seyn kann. 2) Besonders in Ansehung der Richtungen. (a) Der Ausdehnung in die Länge, daher der Begriff des Randes, wie 2 Saum, Sims, Gesims, Latein. Sima, Ziemer. Und die Figur der Zeitdauer, semper. (b) In die Höhe, wie summus, das Schlesische Saum, Milchrahm. (c) In die Krümme; daher der Begriff des Biegens, wie 3 Saum, ein umgebogener Rand, das Lat. simare, umbiegen, simus; vielleicht auch der Begriff des Verbindens, wie das Isländ. semja, verbinden, ζωμα, ein Gürtel, welches aber auch zum Begriff der Länge gehören kann. Daher ferner der Begriff eines hohlen Raumes, eines Gefäßes, wie das Oberdeutsche Simmer, ein Frachtmaß, unser Zimmer u. a. m. und die gewöhnlichen Figuren der Ruhe, des Aufenthaltes u.s.f. wie säumen, zahm, Somnus. (d) Die Ausdehnung nach allen Richtungen; daher die Figur der Masse, der Quantität, der Menge, wie 4 Saum, das Griech. σωμα, der Leib, Summa, und nach neuen Figuren vielleicht auch das alte und noch jetzige Engl. some, jemand, etwas, das Lat. sum, ich bin, u.s.f. S. auch Sahl, welches nur im Endlaute von diesem Worte verschieden ist, daher sich jenes sämmtliche[1303] Bedeutungen auch bey diesem wieder finden, wo nicht in der Deutschen, doch gewiß in andern Sprachen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1303-1304.
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