Schlüpfrig

[1546] Schlüpfrig, -er, -ste, adj. et adv. 1. Eigentlich, glatt, wo man leicht schlüpfen, d.i. gleiten kann. Das Eis ist schlüpfrig,[1546] auf dem Eise ist es schlüpfrig zu gehen. Geohnte Fußböden sind schlüpfrig. Noch häufiger, wenn diese Glätte von Nässe und Feuchtigkeit herrühret. Der Regen macht die Wege schlüpfrig, besonders, wenn der Fußboden Lehm, Thon, oder fette, zähe Erde ist. Da es denn in weiterer Bedeutung auch von solchen von Nässe glatten Körpern gebraucht wird, welche leicht aus den Händen schlüpfen. Die Schleihe, der Aal sind schlüpfrig. In noch weiterm Verstande, glatt und geschmeidig. Das Öhl macht die Gedärme schlüpfrig. 2. Figürlich. 1) Ein schlüpfriger Beweis, welcher nicht die gehörige Bündigkeit oder Festigkeit hat, auf keinem dauerhaften Grunde ruhet. Ein schlüpfriger Mensch, im Oberdeutschen, ein leichtsinniger, unbeständiger. 2) Eine schlüpfrige Zunge haben, eine biegsame, gelenke, d.i. schwatzhaft seyn. 3) Gefährlich, bedenklich, mißlich. Es ist eine schlüpfrige Sache, wenn ein Schwächerer dem Stärkern für Bezahlung Hülfe leistet. Man fürchtet oft die schlüpfrige Gefahr, Haged. 4) Auf eine halb verborgene Art zur Wollust reitzend. Schlüpfrige Gedichte. Ein schlüpfriges Gemählde.

Anm. Im Nieders. slibberig, im Schwed. slipprig. Es ist von dem im Hochdeutschen veralteten Intensivo schlüpfern, für schlüpfen, in dessen beyden Bedeutungen, oder auch, wenigstens in einigen Fällen, von dem noch im Holländ. gangbaren Slibber, Schlamm. Von dem einfachern schlüpfen kommt bey Winsbecken slipsic in eben dieser Bedeutung vor. Das Latein. lubricus, von labi, schlüpfen, gleiten, ist genau auf eben dieselbe Art gebildet, nur daß ihm der Zischlaut mangelt, so wie dem Engl. einfachern glib, welches zu dem Niedersächsischen glippen, gleiten, gehöret.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1546-1547.
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