Schmachten

[1551] Schmachten, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben, erfordert, den höchsten Grad des Hungers und Durstes empfinden, wo es eine unmittelbare Nachahmung desjenigen Lautes ist, welchen ein im höchsten Grade Durstiger, im Stande der ungebildeten sich selbst überlassenen Natur, mit dem Munde macht. 1. Eigentlich. Vor Durst, vor Hunger schmachten. Nach einem Trunke Wassers schmachten. Vor Hitze schmachten, weil die Empfindung eines hohen Grades der Hitze sich durch einen ähnlichen Laut äußert. Schmachthaus, Schmachthals, Schmachtlappen sind in einigen gemeinen Sprecharten verächtliche Benennungen eines Hungerleiders, von der Niederdeutschen Bedeutung, schmachten, hungern, Hunger leiden. 2. Figürlich. 1) Vor Hunger und Durst abgezehret werden. Sie muß doch vor Hunger schmachten, Gryph. Im Gefängnisse schmachten, in weiterm Verstande, aus Mangel der Freyheit und Bequemlichkeit abgezehret werden. S. Verschmachten. 2) Einen hohen Grad der Sehnsucht, des sehnsüchtigen Verlangens empfinden. Jemanden schmachtend ansehen. Augen die oft schmachtend auf die seinigen geheftet waren. Blaue schmachtende Augen. Der Gegenstand des Schmachtens bekommt auch hier das Vorwort nach.


Seht, wie sein Auge nach mir schmachtet,

Gell.


O Romeo, meine Seele schmachtet darnach, wie ein verdorrtes Gras nach dem Morgenthaue, Weiße. Nach Trost schmachten. So auch das Schmachten.

Anm. Bey dem Notker smahten, und in der ersten figürlichen Bedeutung intensive smecheren, im Nieders. smagten, wo es auch für hungern überhaupt, ingleichen für Hunger leiden, darben, gebraucht wird. Es ist ohne Zweifel eine unmittelbare Onomatopöie, so wie schmecken, welches der Form nach ein Intensivum davon ist, so fern es einen ähnlichen Laut nachahmet, der aber[1551] eine ganz andere Handlung begleitet. Ehedem war auch Schmacht der Hunger, und schmachten, factitive, verhungern lassen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1551-1552.
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