Schmeißen

[1564] Schmeißen, verb. irreg. Imperf. ich schmíß; Mittelw. geschmissen; Imperat. schmeiße, schmeiß. Es ist in doppelter Gestalt gangbar, in beyden aber nur in den gemeinen Sprecharten üblich.

I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, heftig und plötzlich fallen, von großen Körpern, wie schlagen; am häufigsten in dem zusammen gesetzten hinschmeißen, plötzlich zu Boden fallen. Er ist hingeschmissen.

II. Als ein Activum, und zwar wieder in einer doppelten Hauptbedeutung. 1. Schlagen und werfen. 1) Schlagen, in den niedrigen Sprecharten. Jemanden hinter die Ohren schmeißen. Das Pferd schmeißt hinten aus. Sich mit jemanden schmeißen. Daher der Schmiß daselbst auch ein derber Schlag ist, S. dasselbe, ingleichen Schmitz. Nieders. smiten, wohin[1564] auch unser schmieden gehöret. 2) Werfen, wo es im Hoch- und Oberdeutschen auch nur in den gemeinen Sprecharten üblich ist, im Niederdeutschen aber fast nur allein gebraucht wird, indem werfen, oder nach ihrer Mundart warpen, daselbst wenig gebraucht wird. Etwas unter die Bank schmeißen. Jemanden zu Boden, über den Haufen schmeißen. Der Wind schmiß den Baum in das Wasser. 2. Den Koth, d.i. Überrest der verdauten Speisen, durch den Hintern von sich geben, wo es in den gemeinen Sprecharten als ein anständiger Ausdruck für das grobe scheißen gebraucht wird. Das Kind hat in das Bett geschmissen. Am häufigsten gebraucht man es von Vögeln, dem Federviehe und Insecten, und zwar von den letztern auch von dem Legen ihrer Eyer, vermuthlich so fern der große Haufe sie mit dem Kothe verwechselt. S. Schmetterling. In manchen Gegenden gehet es hier regulär, ich schmeißte, geschmeißt; welche Form auch Luther angenommen hat: Eine Schwalbe schmeißte aus ihrem Nest, Tob. 2, 11. So auch das Schmeißen.

Anm. Schon bey dem Ottfried smeizan, im Nieders. smiten, im Angels. smitan, im Engl. to smite, im Schwed. smita, im Griech. σμωττειν, und für schlagen bey dem Eustathius σμωξαι. Es ist in dem Neutro und den beyden ersten Bedeutungen des Activi eine unmittelbare Nachahmung des Lautes, der mit den Handlungen verbunden ist, von welchen dieses Zeitwort gebraucht wird, und wohin ohne den intensiven Zischlaut auch das Lat. mittere, missus, Franz. mettre, gehöret. In der letzten Bedeutung könnte es, so wie das ähnliche, obgleich weit niedrigere scheißen gleichfalls als eine Onomatopöie angesehen werden. Allein es scheinet hier mit mehrerer Wahrscheinlichkeit den Begriff der schmierigen, flüssigen Unreinigkeit zu haben, und zu schmitzen in beschmitzen, und Schmutz zu gehören, welche Intensiva davon sind. Bey dem Ulphilas ist smitan salben, und im Niedersächs. smitten schmieren, salben. S. Schmitzen und Schmutz. Schmeißen wäre also in diesem Verstande eigentlich schmierige Unreinigkeit von sich geben. Ohne Zischlaut gehöret auch Mist dahin.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1564-1565.
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