Schnitt, der

[1605] Der Schnitt, des -es, plur. die -e, Diminut. welches doch nur in den concreten Bedeutungen, außer im Scherze auch in der abstracten, üblich ist, das Schnittchen, Oberd. Schnittlein; von dem Zeitworte schneiden, oder vielmehr von dessen veralteten Intensivo schnitten.

1. Als ein Abstractum, die Handlung des Schneidens; eigentlich ohne Plural, außer wenn es als ein Concretum von einzelnen Handlungen gebraucht wird. 1) Eigentlich. Einen Bruch durch den Schnitt heilen. Den Stein in der Blase durch den Schnitt operiren. Einen Schnitt vornehmen. Jemanden auf den Schnitt heraus fordern, eine bey den Matrosen übliche Art des Zweykampfes, wo sie sich mit krummen Matrosenmessern schneiden, welches auch ein Schnittchen machen heißt. Der Schnitt in den Weinbergen, das Beschneiden der Weinreben; den Schnitt vornehmen. Der Schnitt in der Ernte, das Abschneiden des Wintergetreides mit der Sichel, daher in denjenigen Gegenden, wo man sich der Sichel bedienet, auch wohl die ganze Ernte der Schnitt genannt wird. 2) Figürlich. (a) Die Art und Weise zu schneiden, wo es häufig von künstlichen Arten zu schneiden gebraucht wird. Ein Schneider hat einen guten Schnitt, wenn er einem Kleide im Zuschneiden eine gute Gestalt zu geben weiß. Es ist gut den Schnitt an fremden Tuche zu lernen, durch eines andern Schaden klug zu werden. Alte Schnitte von Kleidern und Hauben, alte Moden in Ansehung der Gestalt, so fern selbige von dem Schnitte herrühret. Auch die Art und Weise, wie ein Form- oder Holzschneider sein Instrument führet, wird der Schnitt genannt. (b) Ein unerlaubter Gewinn, unbilliger Profit. Seinen Schnitt bey etwas machen, wo man auch wohl im Diminut. Schnittchen sagt. Den Schnitt verstehen, sich auf den Schnitt verstehen; S. Schneiden. (c) So fern schneiden und ausschneiden für prahlen gebraucht werden, ist Schnitt auch die Handlung des Prahlens, ingleichen eine Prahlerey. Das war ein Schnitt! Große Schnitte thun, sehr prahlen.

2. Als ein Concretum. 1) Die durch das Schneiden verursachte Wunde oder Vertiefung. Die Schnitte des Messers auf einem zinnernen Teller. Der Schnitt des Diamanten in das Glas. Bey den Kupferstechern sind die Schnitte die mit dem Grabstichel oder der Nadel gemachten Züge. Wenn man ein Gemählde copiert, so müssen die ersten Schnitte dem Pinsel folgen. Ungleiche Schnitte machen eine schönere Arbeit, als wenn sie von gleicher Stärke sind. Einen Schnitt im Gesichte, auf der Hand haben. Einem einen Schnitt geben, aus Unvorsichtigkeit oder Zorn; der Wundarzt hingegen macht einen[1605] Schnitt, wenn er aber den Schnitt vornimmt, so ist es das vorige Abstractum. Figürlich werden auch manche einem Schnitte ähnliche Vertiefungen Schnitte genannt, z.B. die Schnitte in der Hand, die vertieften Linien. S. auch Einschnitt. 2) Ein abgeschnittenes Stück; wohl nur von Speisen. Ein Schnitt Brot, Fleisch, Braten. Der Pfaffenschnitt, das beste Stück an einer Fleischspeise, z.B. die Brust von einer gebratenen Gans. Einen Schnittchen Schinken, ein kleines abgeschnittenes Stück. S. auch Schnitte und Schnitz. 3) Ein durch Schneiden hervor gebrachtes Ding; nur in einigen Fällen. Ein papiernes Muster, welches nach einem Dinge abgeschnitten worden, heißt bey den Nähterinnen, Putzmacherinnen, Schneidern u.s.f. der Schnitt. Eine in Holz geschnittene Figur und deren Abdruck heißt ein Holzschnitt. 4) Der Ort, wo etwas abgeschnitten, oder eine Sache beschnitten worden. Ein Reis in den Schnitt oculiren, in die Stelle, wo ein Ast, oder ein junger Baum abgeschnitten worden. Ein Buch mit vergoldetem Schnitte.

Anm. Schon bey dem Willeram Snit. S. Schneiden.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1605-1606.
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