Sclave, der

[1760] Der Sclave, des -n, plur. die -n, Fämin. die Sclavinn, eine Person, welche einer andern eigenthümlich zugehöret, und derselben folglich zu allen nur möglichen physischen und moralischen Diensten verbunden ist. Jemanden zum Sclaven machen. Da die Gefangenen noch bey den meisten barbarischen Nationen als solche Sclaven angesehen werden, so bedeutet Sclave oft in engerer Bedeutung einen solchen Gefangenen. Unter den gesitteten, besonders christlichen Nationen, sind die Sclaven nicht üblich, außer in den Colonien der übrigen Welttheile, wo auch noch der für Vernunft und Christenthum so entehrende Sclavenhandel geführet wird; denn der Zustand der noch in so vielen Ländern üblichen Leibeigenen ist weit gelinder als der Sclaven, weil jene der Willkühr ihres Herren nicht so unterworfen sind als diese. Figürlich. Jemandes Sclave seyn, seinem Willkühr als ein Sclave unterworfen seyn müssen. Ein Sclave seiner Leidenschaften seyn, sich von ihnen ohne Widerstand beherrschen lassen.

Anm. Im Nieders. Engl. u.s.f. ohne Gaumenlaut Sclave, im Schwed. Slaf, im Franz. Esclave, im Ital. Schiavo, im Wallach. Sklabu. Es ist nunmehr wohl ausgemacht, daß diese Bedeutung von der Nation der Sclaven entlehnet worden, weil die ehemahligen Deutschen und andere benachbarte Völker die Gewohnheit hatten, die Gefangenen, welche sie im Kriege von ihnen machten, als solche eigenthümliche Knechte zu behandeln, und die Einwohner der von ihnen eroberten Gegenden zu Sclaven zu machen, woher denn auch noch die Leibeigenschaft in den ehedem von Sclaven und den mit ihnen verwandten Nationen bewohnten Provinzen herrühret. Man schrieb den Nahmen dieser Nation im Lateinischen ehedem am häufigsten Sclavi und im Griechischen σκλαβοι. In den neuern Zeiten hat man angefangen, in diesem Worte, wenn es die Nation bezeichnet, den Gaumenlaut zu verbannen und Sclaven zu schreiben, und behauptet, daß diese Schreibart die richtigste sey; allein B. A. Kercselich de Corbavia beweiset in seinem zu Zagrab[1760] heraus gekommenen Werke de regnis Dalmatiae, Croatiae und so ferner aus Urkunden, daß der eigenthümliche Nahme Sclave und nicht Slave laute, obgleich die Russen, Dänen u.s.f. so schreiben. Daß der eigenthümliche Nahme einer Nation zu einem allgemeinen Nennworte geworden, hat mehrere Beyspiele vor sich. Frisch führet aus dem Thomas Magister an, daß Καρ bey den Griechen gleichfalls einen leibeigenen Knecht bedeutet habe, weil οἱ Καραι, d.i. die Karier, zuerst als Knechte verkauft worden. Übrigens wäre es der Deutschen Sprache freylich angemessener, dieses Wort, wenn es ein allgemeines Nennwort ist, Sklave zu schreiben; allein alsdann müßte man auch in Scorbut, Scorpion, Scrupel, und so vielen andern das c mit dem k vertauschen, wo doch solches so allgemein noch nicht ist, daß es zur Regel dienen könnte.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1760-1761.
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