Sinnig

[107] Sinnig, -er, -ste, adj. & adv. von Sinn und der Ableitungssylbe ig, Sinn habend, ein Wort, welches ehedem in allen figürlichen Bedeutungen von Sinn üblich war, jetzt aber im Hochdeutschen nur noch in einigen Zusammensetzungen gangbar ist. 1. Von Sinn, Bewußtseyn, war sinnig ehedem seiner selbst bewußt, daher es im Niedersächsischen noch jetzt figürlich für bedachtsam, bescheiden, behutsam, mit Überlegung, ja in noch weiterm Verstande für langsam, allmählig üblich ist; z.B. die Pferde sinnig gehen lassen, langsam. 2. Von Sinn, Nachdenken, Erkenntniß und Beurtheilung, war es ehedem so viel wie vernünftig.


Ein sinnig herze sol

Verdulden mangen zorn,

Ditmar von Ast.


Mir gab ein sinnig herze rat,

Reinmar der Alte.


In diesem Verstande sind nur noch unsinnig und wahnsinnig gangbar. 3. Weise, klug, künstlich u.s.f. wovon noch etwas in scharfsinnig und tiefsinnig übrig ist. 4. Auf die Bedeutung des Begehrungsvermögens, der Gemüthsart, beziehen sich die Zusammensetzungen eigensinnig, kaltsinnig, leichtsinnig, widersinnig; so wie es 5, in der Bedeutung des Verstandes der Worte noch in doppelsinnig vorkommt. In den meisten noch üblichen Fällen sind auch Hauptwörter auf -keit gangbar; in andern wird dafür das einfache -sinn gebraucht.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 107.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika