Söller, der

[135] * Der Söller, des -s, plur. ut nom. sing. ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, welches aber noch in den gemeinen Sprecharten Ober- und Nieder-Deutschlandes üblich ist. Es bedeutet, 1. Dasjenige, was man im Hochdeutschen einen Boden zu nennen pflegt, den getäfelten Raum über den Wohnzimmern, oder in einem andern Gebäude. Daher wird ein Kornboden im Ober- und Niederdeutschen noch häufig ein Schüttsöller, Kornsöller genannt. Luther gebraucht es mehrmahls in der Deutschen Bibel, wo er auch die flachen Dächer der morgenländischen Bauart Söller nennet. Er fället fährlicher durch solche Rede, denn so er vom Söller fiele, Sir. 20, 20. Es waren viel Fackeln auf dem Söller,[135] da sie versammlet waren. Es fiel aber ein Jüngling – hinunter unter vom dritten Söller, Apost. 20, 8. f. So auch Kap. 9, 37, 39. Kap. 1, 9. 2. In einigen Oberdeutschen Gegenden heißt auch ein Altan am Hause, ingleichen ein jeder verschlossener Raum vor den Thüren und Zimmern, ein Söller. 3. Im Niedersächsischen ist Soller auch ein erhöheter breterner Platz auf den Fußböden der Zimmer, z.B. in den Fenstern, wo selbige nach alter Bauart noch sehr hoch sind.

Anm. Bey dem Ottfried und im Tatian Solar, Soler, wo es an beyden Orten einen Saal, ein Speisezimmer bedeutet, im Nieders. Soller, im Holländ. Zolder, im Engl. Sollar, im mittlern Lat. Solarium, Solerium, im Schwed. Svale, ehedem Svaler, und Skulle, im Griech. mit dem verwandten Hauche und einem andern Endlaute, ἡλιάκον. Die Endsilbe er ist die Ableitungssilbe, welche ein Ding, Subject bedeutet. Der herrschende Begriff in dem Stammworte Sohl, Söl, scheinet die Erhöhung zu seyn, obgleich in manchen Fällen auch die Bedeutung des wohnbaren Raumes hervor sticht; wenn nicht überhaupt der Begriff des Täfelwerks der Stammbegriff ist, da es denn zu Schale, ein Bret gehören würde, S. 1 Sahl. In denjenigen Provinzen, wo dieses Wort gangbar ist, sind auch die Zeitwörter söllern und aufsöllern, üblich, Getreide, Waaren u.s.f. zur Verwahrung auf den Boden schaffen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 135-136.
Lizenz:
Faksimiles:
135 | 136
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika