Spiegeln

[195] Spiegeln, verb. regul. welches in doppelter Gestalt üblich ist.

I. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte haben, wegen seiner glatten und glänzenden Oberfläche die Lichtstrahlen auf eine merkliche und dem Scheine nach bewegliche Art zurück werfen, besonders wenn zugleich auch das Bild anderer Gegenstände auf dieser Oberfläche gesehen wird. Ein spiegelnder Glanz. Es spiegelt alles in diesem Hause. Sie schminkte der spiegelnde Quell, Zachar. Auch von Spiegeln. Der Spiegel spiegelt dunkel, schief u.s.f.

II. Als ein Activum. 1. Sein Bild in einer glatten, glänzenden Fläche darstellen, wo es doch nur als ein Reciprocum üblich ist. Der Baum am Ufer spiegelt sich in dem silberfarbenen Bache. Ingleichen figürlich. Nun aber spiegelt sich in uns allen des Herren Klarheit, 2 Cor. 2, 18. Dieß Herz, welches sich in den reinsten und stillsten Augen spiegelt. Sonnenf. 2. In engerer Bedeutung, sein Bild in den zurück geworfenen Strahlen einer glatten Oberfläche betrachten; auch nur als ein Reciprocum. (1) Eigentlich. Sich in einem Bache spiegeln. Sich in einem Spiegel spiegeln, wofür man auch nur sich spiegeln schlechthin sagt. So glatt, daß man sich darin spiegeln könnte. (2) Figürlich: sich an jemanden oder an etwas spiegeln, es sich zur Warnung, ingleichen zum Muster der Nachahmung dienen lassen. (3) In den zusammen gesetzten vorspiegeln hat es noch eine andere Bedeutung, S. dasselbe. 3. Einen Spiegel, d.i. eine glänzende Oberfläche geben, nur in einigen Fällen. So spiegeln die Zuckerbäcker eine Torte, wenn sie den Spiegel aus Zucker und Eyweiß auf dieselbe bringen. So auch das Spiegeln.

Anm. Im Nieders. spegeln. Bey dem Zeitworte spähen ist schon bemerket worden, daß dasselbe ehedem nicht allein sehen, sondern auch als ein Neutrum glänzen bedeutet hat. Hiervon stammet vermittelst der Ableitungssylbe -len, das Iterativum spähelen, spälen, spielen her, und noch jetzt wird spielen sehr häufig von zurück geworfenen dem Scheine nach beweglichen Lichtstrahlen gebraucht; allerley Farben spielen. Durch Verdoppelung des mittlern Hauchlautes entstehet daraus das Intensivum spiegeln, und wirklich bezeichnet dieses einen stärkern Grad der Zurückwerfung der Lichtstrahlen, als spielen. S. dasselbe. Dem Frisch zufolge bedeutete spiegeln ehedem auch prahlen, in welchem veralteten Verstande es aber ein Intensivum von dem alten spelan, reden, zu seyn scheinet. S. Spiel und Spielen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 195.
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