Stattlich

[306] Stattlich, -er, -ste, ein von Staat, Pracht, Pomp, abstammendes Wort. 1. Prächtig, kostbar; Nieders. staatsk. Stattliche Kleider. Stattlich gekleidet seyn. Bindet mir einen rechten stattlichen Erntekranz. Weiße. Ein stattliches Freudenmahl, 3 Maccab. 6, 3. Ein stattliches Geschenk. Eine stattliche Hochzeit, ein stattliches Leichenbegängniß, ein stattlicher Palast, ein stattlicher Titel. Jemanden stattlich bewirthen, beschenken u.s.f. 2. In noch weiterm Verstande wird es häufig für vortrefflich, im hohen Grade vorzüglich überhaupt gebraucht. Ein stattliches Amt, ein ansehnliches, einträgliches. Ein stattliches Versprechen. Ein stattlicher Prediger, Medicus, Musicus u.s.f. Ein stattlicher Mann, eine stattliche Frau, von vielen Verdiensten und Vorzügen. Eine stattliche Rede, eine stattliche Antwort. Ein stattlicher Wein. Einen stattlichen Grund in den Wissenschaften legen, im Oberdeutschen. Stattliche gelehrte Männer, eben daselbst. Stattliche aufgeweckte Gemüther, Opitz. Da es denn in noch weiterm Verstande im Oberdeutschen häufig für sehr, im hohen Grade gebraucht wird. Klagt stattlich, seufzt und schreyt, Opitz. Ich muß ja stattlich büßen, eben ders. 3. Einen guten Schein oder Anschein habend, scheinbar. Unter allerley stattlichen Vorwänden.

Anm. In der ersten Bedeutung im Engl. stately, im Schwed. ståtelig, im Böhmischen statecny. Die Hochdeutschen kennen und gebrauchen dieses Wort auch, in allen drey Bedeutungen; doch nicht[306] so häufig als die Oberdeutschen, denen es überaus geläufig ist. Es ist ohne Zweifel von Staat, Pracht, Pomp, und viele gemeine Mundarten sprechen es auch sehr richtig staatlich aus, Nieders. staatsk. Indessen ist im Hoch- und Oberdeutschen die kurze Aussprache des a und die Verdoppelung des folgenden Mitlauters die gewöhnlichste, auf welche Art es denn auch am häufigsten geschrieben wird. Das Hauptwort die Stattlichkeit ist im Hochdeutschen selten, im Oberdeutschen aber gewöhnlicher.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 306-307.
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