Streiten

[441] Streiten, verb. irregul. neutr. Imperf. ich stritt; Mittelw. gestritten; Imperat. streite oder streit. Es erfordert das Hülfswort haben, 1. * Eigentlich, körperliche Kräfte anwenden, sich[441] mit Anstrengung körperlichen Kräfte bemühen, in welcher Bedeutung noch strita im Schwed. üblich ist. Im Hochdeutschen ist es in diesem Verstande veraltet, und nur das zusammengesetzte bestreiten hat denselben noch zum Theil erhalten. Ohne Zweifel war es anfänglich eine Onomatopöie eines lebhaften mit Anstrengung körperlicher Kräfte verbundenen Geräusches, und das Nieders. striden, schreiten, Engl. stride, Schwed. strida, ist eine Art der körperlichen Anstrengung, so wie das Schwed. strid, stark, heftig, eine Figur davon ist. Ohne st gehören auch unser reisen, reiten, reiten in bereiten u.a.m. dahin. 2. In engerer Bedeutung, einen Feind oder Gegner zu überwinden sich bemühen. (1) Eigentlich, durch körperliche Bemühung, wo es ein sehr allgemeiner Ausdruck ist, welcher die Art und Weise, den Grad der Heftigkeit, die Art der Waffen u.s.f. unentschieden lässet. So streiten zwey Thiere, wenn sie sich schlagen, stoßen oder beißen, zwey Personen, wenn sie sich raufen, schlagen oder fechten, zwey Kriegesheere, wenn sie sich ein Treffen liefern u.s.f. Gott lehret meine Hand streiten, 2 Sam. 22, 35. Michael und seine Engel stritten mit dem Drachen, Offenb. 12, 7. Die Soldaten stritten wie die Löwen. Für das Vaterland, für die Freyheit streiten. Es ist in dieser Bedeutung üblicher als das Hauptwort Streit, besonders in der höhern Schreibart, doch gebraucht man es, um der Allgemeinheit des Begriffes willen, nur alsdann, wenn die Art des Streites nicht näher bestimmt werden darf. (2) Durch Worte, einen widersprechenden Satz behaupten, wo es, so wie das Hauptwort Streit, auch ein allgemeiner Ausdruck ist, der den Grad der Heftigkeit, die Sittlichkeit u.s.f. unentschieden lässet. Mit jemanden streiten. Sie streiten, oder sie streiten mit einander, sie behaupten und vertheidigen einander widerstreitende Sätze. Wider die Wahrheit streiten. Vor Gericht streiten, es geschehe nun schriftlich oder mündlich. Die streitenden Parteyen. Nach langem Streiten ward endlich nichts ausgemacht. Über den Vorzug streiten, über einen Satz streiten. Er streitet gern, sucht gern einen Widerspruch zu vertheidigen. Zuweilen gebraucht man es auch im thätigen Verstande, für bestreiten. Das will ich nicht streiten. Welche Form doch nicht so üblich ist, als das Reciprocum sich streiten, für das Neutrum streiten. Sie stritten sich lange ohne etwas auszumachen. 3. Figürlich ein Hinderniß, einen Widerstand zu überwinden suchen. Mit vielen Krankheiten zu streiten haben. Mit Hunger, mit Kälte streiten. Streitende Pflichten, wo die Ausübung der einen die Ausübung der andern hindert. Die streitende Kirche, in der Theologie, die Gesellschaft der noch auf Erden befindlichen Gläubigen, im Gegensatze der triumphirenden. Ingleichen entgegen seyn, widersprechen. Das streitet wider alle gesunde Vernunft. So auch das Streiten.

Anm. In der engern Bedeutung im Schwabenspiegel striten, im Nieders. striden, im Schwed. strida, im Griech. σράτευειν. Ohne Zischlaut ist im Schwed. träta, mit Worten streiten, Träta, ein solcher Streit, und ohne streben daselbst Rid, ein Streit. Im Nieders. hat man von striden, streiten, das Intensivum stridden, heftig streiten, zanken, wovon man in den gemeinen Sprecharten auch das Beywort strittig für streitig hat.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 441-442.
Lizenz:
Faksimiles:
441 | 442
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika