Strohwittwe, die

[455] Die Strohwittwe, plur. die -n, im Scherze, eine Frau, welche ihren Mann auf kurze Zeit verlohren hat, so wie ein Ehemann, in der Abwesenheit seiner Gattin ein Strohwittwer heißt. Im Schwed. Gräsenka, von Gräs, Gras, und Enka, Wittwe, welches Ihre irrig von gradig, begierig, ableitet, weil dergleichen Personen sich gemeiniglich nach ihren Gatten zu sehnen pflegen. Die Benennung ist ohne Zweifel eine Anspielung auf den Strohkranz. In Niedersachsen wurde ehedem eine geschwächte Weibesperson eine Graswittwe genannt, d.i. eine Person, welche nach einen unrechtmäßigen Beyschlafe ihres Gatten beraubt worden, und daher bey einer künftigen rechtmäßigen Verheirathung mit einem Kranze von Stroh oder Gras zur Kirche gehen muß. Strohwittwe bezeichnet daher eine Person, welche keinen Gatten hat, und doch keine Jungfer ist. So auch Strohwittwer.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 455.
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