Strom, der

[455] Der Strom, des -es, plur. die Ströme, von dem Zeitworte strömen. 1. Der Zustand, da ein flüssiger Körper strömet; ohne Plural. Das Meer kam wieder in seinen Strom, 2 Mos. 14, 25. Dem Strome des Wassers durch Dämme wehren. 2. Ein strömender flüssiger Körper, d.i. eine große Masse eines sich schnell fortbewegenden flüssigen Körpers, besonders wenn es in gerader Richtung geschiehet. (1) Eigentlich. So nennet man denjenigen Theil eines Flusses, Baches u.s.f. wo das Wasser einen sehr starken Zug hat, den Strom. In den Strom kommen. Strom auf fahren, gegen den Strom. Wider den Strom schwimmen, auch figürlich, überlegenen Hindernissen Widerstand leisten wollen. Ströme im Meere, Massen Wasser, welche einen sichtbaren Zug nach gewissen Gegenden haben. Der Hauptstrom des Weltmeeres gehet von Morgen gegen Abend. Die berühmte Scylla ist weiter nichts als ein Strom zwischen den Vorgebirgen Faro und Sciglio. Auch in der Tiefe gibt es Ströme, welche auf der Oberfläche der See nicht merklich sind. Auch geringere aber sich heftig aus einer Öffnung hervor drängende Massen eines flüssigen Körpers heissen nach einer nicht seltenen Vergrößerung zuweilen Ströme. So sagt man, der Wallfisch blase einen Strom aus seinen Luftlöchern. In engerer Bedeutung nennet man große Flüsse, zumahl wenn ihre Bewegung nach ihrem Ausflusse zu stark und heftig ist, Ströme. Solche Ströme sind die Donau, der Rhein, die Elbe u.s.f. Eigentlich verdienen nur diejenigen großen Flüsse diesen Nahmen, deren Lauf vorzüglich schnell und reißend ist; allein in weiterm Verstande gibt man ihn oft allen großen Flüssen, so wie man hingegen auch reißende Bäche im gemeinen Leben häufig Ströme zu nennen pflegt. (2) Figürlich. (a) In Rücksicht auf die schnelle Bewegung. Du wirst deswegen den schnellen Strom der Zeit nicht um eine Minute aufhalten, Dusch. Sich von[455] dem Strome seiner Zeit hinreissen lassen, von den herrschenden Meinungen und Sitten seiner Zeit. Die ehrwürdigen Worte, Religion und Ehre, können wider den Strom des Beyspiels und der Leidenschaften nicht immer bestehen, Sonnenf. (b) In Ansehung der Masse, eine große Menge. Ein Strom von Worten, wo zugleich mit auf die Bewegung angespielet wird. Ströme Bluts vergießen. Ströme von Thränen sind zu wenig für diesen Verlust.


Ein Strom schamhafter Zähren

Floß von des Alten Angesicht,

Gell.


Ströme des Segens, der Wohlthaten u.s.f.

Anm. Im Angelsächs. und Engl. Stream, im Schwed. Ström. S. Strömen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 455-456.
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