Stürmen

[482] Stürmen, verb. regul. welches in doppelter Gestalt üblich ist. I. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte haben. 1. Ein heftiges von gewaltsamer Bewegung herrührendes Getöse machen, welches dem Laute dieses Zeitwortes gleicht. An die Thür stürmen, mit Gewalt anpochen. In das Zimmer hinein stürmen, mit der größten Heftigkeit und dem stärksten Getöse. Die Treppe hinauf stürmen. Auf jemanden hinein stürmen, ihm mit ungestümer Heftigkeit zusetzen. Alles stürmte auf ihn hinein. Eifersucht und fehlgeschlagene Liebe stürmten so auf sie ein, daß u.s.f. Stürmende Leidenschaften.


Belinde ließ nunmehr dem Zorne freyen Lauf,

Und Klagen stürmten hin und Thränen hörten auf,

Zach.


Besonders von dem im höchsten Grade bewegten Winde. Der Wind stürmet; ingleichen unpersönlich, es stürmt. Wenn der Winter um unsere Hütte stürmt, Geßn. In der dichterischen Schreibart, auch wohl in der thätigen Form. Der Ostwind stürmt ihn aus seiner Stelle, Hiob 27, 21. nach Michael. 2. Sturm läuten, d.i. durch das Schlagen an die Glocke, das Zeichen zum Allarm geben, es sey nun in Feuersgefahr, oder bey einem eindringenden Feinde. S. Sturmglocke.

II. Als ein Activum, mit ungestümer Gewalt und einem heftigen Lärm zu vernichten suchen. Die Bilder stürmen, sie auf solche Art aus den Kirchen reißen und vernichten. Ingleichen auf solche Art zu erbrechen oder einzunehmen suchen, besonders, wenn es von mehrern geschieht. Jemandes Zimmer stürmen. Ein Haus stürmen. Eine Stadt, eine Festung stürmen, Sturm laufen, mit Gewalt in dieselbe einzudringen suchen. Eine Festung mit stürmender Hand einnehmen, in Sturm, mit Sturm. Die Mauern stürmen. Das Thor stürmen. So auch das Stürmen.

Anm. Bey dem Notker ist sturmon, toben, und im Tatian sich empören. Es ist eine Nachahmung des ungestümen Getöses, welches es ausdruckt, und mit stören und sterzen, stürzen u.a.m. nahe verwandt, deren abgeänderter Laut und ursprüngliche Bedeutung durch die Endlaute bestimmt wird. Mit veränderten Vorlauten gehören auch Turbo, Turba, ὁρμη, ein heftiger Anfall, und so ferner hieher.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 482.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika