Theidung, die

[571] * Die Theidung oder Theiding, plur. die -e, richtiger -en, ein im Hochdeutschen gleichfalls veraltetes Wort, welches ehedem in verschiedenen Bedeutungen üblich war. 1. Eine verglichene oder bestimmte Zeit zu etwas, eine Frist, ein Termin. So wurde es ehedem sehr häufig gebraucht, denjenigen Tag zu bezeichnen, da jemand im Gericht erscheinen mußte; der Termin. Ingleichen zuweilen für den Gerichtstag überhaupt. Daher war theidigen, theidingen, und vollständiger dagedingen, tagedingen, verklagen, vor Gericht fordern, und in weiterer Bedeutung, prozessiren überhaupt. 2. Dasjenige, was an einem solchen bestimmten Tage vorgenommen wurde; besonders ein Vergleich, er sey nun gerichtlich oder außergerichtlich. Daher tagedingen, und zusammen gezogen tädigen, theidigen, sich vergleichen, ingleichen einen Vergleich bewirken. Ferner 3 Reden, wodurch man vor Gericht seine Unschuld oder die Rechtmäßigkeit seines Verfahrens zu beweisen suchte, von welcher Bedeutung unser vertheidigen noch im weitesten Verstande übrig ist. Weil dabey viel unnützes Geschwätz vorviel, besonders nach dem Deutschen Rechte, wo alles mündlich behandelt wurde, so wurde dieses Wort, 4 auch sehr häufig für Geschwätz überhaupt gebraucht. Weibertäding, Weibergeschwätz, bey dem Kaisersberg. Narrentheiding, Narrengeschwätz, und in weiterer Bedeutung, Narrenpossen, bey Luthern und seinen Zeitgenossen. Und in diesem Verstande kommt es noch in der Deutschen Bibel vor. Und giebt stolze Theidinge für mit Unverstand, Hiob 35, 16. Lose Theidinge, Jer. 23, 32. Ezech. 22, 8.

Anm. Wenn dieses Wort ehedem nicht so häufig Tageding, tagedingen, und im Nieders. Dagding, Dageding, Dagedingen u.s.f. geschrieben würde, so könnte man leicht in Versuchung gerathen, die Sylbe theid, als eine eigene Stammsylbe anzusehen. So aber ist es wohl unleugbar aus Tag, und dem alten Ding, Gericht, Vergleich u.s.f. zusammen gesetzt, S. das letztere, ingleichen Frischens Wörterb. Th. 2 S. 360. Haltaus Glossar. und das Bremische Wörterb. Th. 1 S. 210.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 571.
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