Thor (1), das

[582] 1. Das Thor, des -es, plur. die -e. 1. Im weitesten Verstande, eine jede große Thür, in welchem Falle es doch nur noch in einigen Fällen üblich ist. Das Scheunthor. Auch in großen Palästen und Kirchen pflegt man die Eingänge noch zuweilen Thore zu nennen, wenigstens sagt man in einigen Gegenden für Kirchthür beständig Kirchthor. 2. Am üblichsten ist es von den großen Eingängen in den Ringmauern oder Befriedigungen eines Raumes; da es denn bald von der Öffnung, bald von der aus Bretern oder Bohlen bestehenden beweglichen Verwahrung dieser Öffnung oder den Thorflügeln, bald aber von dem ganzen Gebäude, dessen Haupttheil diese Öffnung ist, gebraucht wird. Das Gartenthor, zum Unterschiede, von der kleinern Gartenthür; das Hofthor, welches auch der Thorweg, die Thorfahrt genannt wird; das Schloßthor, in der Ringmauer eines Schlosses. Etwas ansehen, wie die Kuh das neue Thor, mit unwissender Verwunderung. Am üblichsten ist es von den großen gemeiniglich gewölbten Eingängen in den Ringmauern der Städte, Festungen und Flecken, für Stadtthor, zum Unterschiede von den kleinern Pforten oder Pförtchen. Durch das Thor fahren, gehen. Zum Thore hinein, hinaus fahren. Die Thore sperren, schließen. Zum Thore hinaus laufen. Vor das Thor gehen, d.i. in den Raum zunächst außer dem Thore. In der Deutschen Bibel bedeutet es figürlich, theils die Stadt selbst: dein Same soll besitzen die Thore seiner Feinde, 1 Mos. 22, 17. Ein Fremdling, der in deinen Thoren ist, 2 Mos. 20, 10. Theils aber auch den Ort des Gerichtes, weil man in den Morgenländern ehedem unter den Thoren Gericht zu halten pflegte, wie in manchen Gegenden noch jetzt geschiehet. Streitige Sachen in deinen Thoren, 5 Mos. 17, 8. Die im Thor sitzen, waschen von mir, Ps. 69, 13. Der Narr darf seinen Mund im Thor nicht aufthun. Sprichw. 24, 7.

Anm. Im Isidor Dor, bey dem Notker Tore, bey dem Ulphilas Dour, im Nieders. und Engl. Door. Es ist mit Thür auf das genaueste verwandt, nur daß der Begriff der größern Öffnung hier durch das breitere o ausgedruckt wird. S. Thür.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 582.
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