Tiefe, die

[601] Die Tiefe, plur. die -n. 1. Als ein Abstractum und ohne Plural, außer von mehrern Arten, oder von dieser Beschaffenheit in mehrern Individuis, die Eigenschaft eines Dinges, da es tief, d.i. unter der angenommenen oder gewöhnlichen Horizontal-Linie, befindlich ist; ingleichen die Entfernung unter dieser Horizontal-Linie. Die Tiefe eines Brunnen messen. Eine Tiefe von zwanzig Ellen. Eine grundlose Tiefe. Auch in einigen Fällen von der horizontalen Entfernung. Die Tiefe eines Hauses, dessen Breite von der Vorderwand gerechnet bis zur Hinterwand. Die Tiefe eines Zimmers, dessen Länge. Ingleichen in den meisten figürlichen Bedeutungen des Wortes tief. Die Tiefe des Schlafes, der Erniedrigung, der Farben, der Töne. Die Tiefe der Weisheit Gottes, ihre unergründliche Beschaffenheit. Die Tiefe der Erkenntniß, diejenige Eigenschaft, da alle Merkmahle einer Sache zur Deutlichkeit gebracht werden. 2. Ein tiefes Ding, ein tiefer Ort, als ein Concretum. (1) In mehr eigentlichem Verstande, wo man einen jeden tiefen, d.i. weit unter der Horizontal-Linie befindlichen Ort oder Raum, eine Tiefe nennet. Eine grundlose Tiefe, ein Abgrund. Aus der Tiefe rufe ich zu dir, Ps. 130, 1. Gewiß, das Herz eines Frauenzimmers ist eine unergründliche Tiefe Krüg. Besonders wird ein tiefes Wasser, und der tiefste Theil einer großen Sammlung Wassers die Tiefe genannt. Auf die Tiefe fahren, auf das hohe Meer. Es war finster aus der Tiefe, 1 Mos. 1, 2. In die Tiefe des Meeres versenken. In die Tiefe kommen, gerathen. Wie Gott die Erde auf Tiefen lagert, Herd.


Als ich urplötzlich einen Drachen

Aus blauer Tiefe steigen sah,

Raml.


(2) In verschiedenen figürlichen Bedeutungen. Besonders unergründliche[601] Beschaffenheit, unerforschliche Gesinnung. Die Tiefen der Gottheit, 2 Cor. 2, 10. Tiefen des Salans, Offenb. 2, 24.


Der Schönen Herz hat unergründte Tiefen,

Gell.


Anm. Bey dem Ottfried Diufi, im Tatian, der es auch von dem hohen Meere gebraucht, Tiufi, bey dem Willeram Toife, in Oberschwaben noch jetzt Diafi, bey den Bergleuten Teufe, (S. dieses Wort,) im Dän. Dyb, im Nieders. mit der Endsylbe -te, Diepte, Deepte, bey dem Ulphilas Diupita, im Holl. Diepte.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 601-602.
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