Träufen

[654] Träufen, verb. regul. welches in doppelter Gattung vorkommt. 1. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte haben, tropfenweise rinnen oder fließen.


Ist dieß verräthrisch Blut, das für die Freyheit träuft!

Schleg.


In dieser Form kommt es am seltesten vor; sie ist auch allem Ansehen nach diesem Zeitworte nicht angemessen, indem das Neutrum eigentlich traufen oder triefen lautet, wie saufen und säufen, tränken und trinken u.s.f. 2. Als ein Activum oder Factitivum, tropfenweise fließen oder fallen lassen, als das Activum von triefen. Ein dritter Theil von einem Hin Oel auf das Semmelmehl zu treufen, Ezech. 46, 14.


Dieß Maul, das Frevel träuft,

Schleg.


In der Deutschen Bibel kommt es, so wie träufeln, mehrmals in der sonst ganz ungewöhnlichen Figur des Drohens, Strafens vor. Du Menschenkind, treufe gegen dem Mittage und weißage, u.s.f. Ezech. 20, 46. Weißage nicht wider Israel, und treufle nicht wider das Haus Isaac, Amos 7, 16. So auch das Träufen.

Anm. Dieses ganze Zeitwort kömmt, selbst in der thätigen Form, im Hochdeutschen selten vor, indem es höchstens noch in der dichterischen Schreibart gebraucht wird. In dem gemeinen Sprachgebrauche sind dafür tropfen und tröpfeln gangbar. Traufe, das veraltete traufen, tropfenweise rinnen, träufen, triefen und tropfen, sind alle Zeitwörter Eines und eben desselben Ursprungs. S. Triefen und Tropfen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 654.
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