Trotz, der

[700] Der Trotz, des -es, plur. car. ein Wort, welches die Begriffe, der Zuversicht, des Drohens, des muthigen Widerstandes, und der Herausforderung in sich vereiniget, und wenigstens in einigen Fällen ein Intensivum sowohl von Trost in der veralteten Bedeutung der Zuversicht und Kühnheit, als auch von drohen ist. Es bedeutet,

1) * Kühnheit, eine veraltete Bedeutung, in welcher noch das Beywort trutzlich für kühn, verwegen, im Theuerdank vorkommt.


Wenn ich ewrs geleichen wer

Vnnd in solchem grossen gelück

So wolt ich bestan ein trutzlich stuck,

Theuerd. Kap. 85.


2) Hoher Grad des Vertrauens auf eigene Vorzüge oder fremde Hülfe, verbunden mit der festen Entschließung, allen Hindernissen muthig entgegen zu gehen; in welchem Verstande sich in dem Trotze Zuversicht, Stolz und Kühnheit vereinigen. Sie verlassen sich auf ihren Harnisch und sind voll Trotzes, 2 Macc. 8, 18.


Ich will mit edlem Trotz den Weg der Tugend gehen,

Weiße.


Da es denn in der höhern Schreibart auch wohl figürlich den Gegenstand der festen Zuversicht bezeichnet. Der Herr ist dein Trotz, Sprichw. 3, 26. Der Weg des Herren ist des Frommen Trotz, Kap. 10, 29. Worauf verlässet er sich, wer ist sein Trotz? Sir. 34, 18.

3) In vielen Fällen ist mit einiger Abänderung der Trotz die herrschende Neigung mit Beyseitsetzung aller glimpflichen Maßregeln, einem andern so wohl öffentlich Widerstand zu leisten, als auch ihn zum Widerstande gegen unsere Beleidigungen aufzufordern.

Einem Trotz beweisen, eine veraltete Redensart, wofür man lieber sagt, trotzig gegen ihn seyn, oder in manchen Fällen auch, ihm Trotz biethen, so wohl durch offenbaren Widerstand, als auch durch dreiste Ausforderung zum Widerstande. Trotz sey dir gebothen! Er biethet aller menschlichen Gewalt trotz. Jemandes Trotz demüthigen. Jemanden etwas zum Trotze thun, mit offenbarem Widerstande gegen dessen Willen, Meinung u.s.f. Der ganzen Welt zum Trotz, wenn gleich die ganze Welt anders will oder denkt.

Da es denn oft auch als eine Partikel zur Bezeichnung eines offenbaren Widerstandes oder einer offenbaren Ausforderung gebraucht wird. Trotz! und mache sich einer an Jacob! 2 Sam. 20, 11; d.i. Trotz sey dem gebothen, der sich an Jacob macht. Am üblichsten ist es in diesem Verstande mit der dritten Endung der Person. Trotz dem, ders besser macht! Trotz dem, der sich widersetzt! Er bleibt, Trotz allen Gründen, bey seiner Meinung, mit Verachtung aller Gründe, ungeachtet aller Gründe.


Der, Trotz der Schärpe die er trug,

Nicht weiser war, als der, den er vernünftig schlug,

Gell.


Sie sieht, Trotz seiner Mummerey,

Daß alles eitel sey,

Uz;


d.i. ungeachtet. In welcher Bedeutung, (so fern es nähmlich für ungeachtet steht,) die zweyte Bedeutung noch üblicher ist: Trotz aller Einwendungen, für Trotz allen Einwendungen. Du wirst den Prozeß Trotz deines vielen Geldes, für Trotz deinem[700] vielen Gelde, nicht gewinnen. Nach einer noch weitern Figur bedeutet dieses in ein Zwischenwort umgeformte Trotz oft weiter nichts als, eben so gut, da es aber nur allein die dritte Endung leidet. Er läuft, Trotz einem Läufer, so gut als ein Läufer.


Trotz einer Älster schwatzt Ursin,

Haged.


In allen diesen Fällen ist die R.A. elliptisch, und läßt sich durch Trotz sey dem gebothen, auflösen; woraus zugleich erhellet, daß die dritte Endung die richtige ist, außer wenn Trotz die Gestalt eines Vorwortes annimmt und für ungeachtet stehet. Um deswillen wird dieses Trotz auch am richtigsten mit einem großen T geschrieben, indem es ein wahres Hauptwort ist, wenn es gleich durch den elliptischen Gebrauch die Gestalt einer Partikel annimmt. Die Hauptwörter Glück, Heil, Dank u.s.f. werden in ähnlichen Ellipsen gleichfalls allemahl mit einem großen Buchstaben geschrieben. Glück dem Könige! Heil dir! Er hat die Krankheit, Dank seinem guten Arzte, glücklich überstanden.

4. Endlich ist der Trotz auch thätige Erweisung herrschender Widerspenstigkeit, da es denn oft auch in engerm Verstande von der thätigen Erweisung der herrschenden Abneigung von der Versöhnung gebraucht wird. Der Trotz eines Kindes. Jemandes Trotz bemüthigen.

Anm. In einigen alten Mundarten Trutz, welches noch in dem, im Hochdeutschen aber auch seltenen, Trutzbündniß, ein Bündniß zum Angriffe, im Gegensatze eines bloßen Schutzbündnisses, gangbar ist. S. das folgende.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 700-701.
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