Umstand, der

[819] Der Úmstand, des -es, plur. die -stände, von dem Zeitworte úmstehen. 1. * Umstehende Personen, als ein Collectivum, eine im Hochdeutschen ungewöhnliche, aber doch in einigen Oberdeutschen Gegenden übliche Bedeutung. In einer Nachricht der churpfalzischen Akademie der Wissenschaften zu Manheim hieß es: Die Akademie hielt ihre Versammlung unter einem so vornehmen als zahlreichen Umstande.

2. Figürlich ist der Umstand eine zufällige Bestimmung eines Dinges. (1) Eigentlich, wo es solche einzelne zufällige Bestimmungen[819] bezeichnet, deren Inbegriff in manchen Fällen collective der Stand, in andern aber der Zustand genannt wird. Es wird auf die Umstände ankommen, ob der Friede zu Stande kommen wird, auf die zufälligen Bestimmungen. Die Umstände wollten es nicht verstatten. Es hat sich ein Umstand ergeben, der sehr günstig für uns ist. Es war ein übler Umstand für ihn, daß sein Gönner gerade zu derselben Zeit starb. Nachdem sich die Umstände fügen werden. Eine Geschichte mit allen Umständen erzählen. Der Umstand des Ortes, der Zeit, der handelnden Personen. Der Mensch sey frey oder nicht, so wird er allezeit das seyn, wozu ihn der Zusammenfluß der Umstände gemacht hat. (2) In einigen engern Bedeutungen. a. Der äußere Zustand eines Menschen, besonders sein Vermögensstand, seine zufälligen Bestimmungen in Ansehung seines äußern Vermögens werden häufig dessen Umstände genannt, in welcher Bedeutung der Singular nicht üblich ist. Ich möchte wohl wissen, wie seine Umstände sind. Sich in schlechten, in guten Umständen befinden. Sich nach jemandes Umständen erkundigen. Überlegen sie meine Umstände wohl, Gell. Wenn sie kein ander Bedenken haben, als ihre Umstände, so bin ich glücklich, eben ders. b. Nach einer andern Einschränkung sind die Umstände (auch nur im Plural allein,) Weitläufigkeiten, Umschweife, Förmlichkeiten, selbst solche, welche die Wohlanständigkeit des bürgerlichen Lebens vorschreibt. Nicht viele Umstände machen, gerade zu gehen, nicht viele Complimente machen, keine Förmlichkeiten beobachten. Machen sie doch keine Umstände mit mir. Ich gebe ohne weitere Umstände 50 Thaler an die Armen. Soll ich ihnen sagen, wie mirs ums Herz ist, ohne Umstände zu machen? Gell. Sich ohne alle Umstände zu Tische setzen. Ein Freund, mit dem es keiner Umstände braucht.

Anm. Im Schwed. Omständighet. Das Wort scheinet so gar alt nicht zu seyn. Es ist nach dem gleichfalls nicht alten Latein. Circumstantia, so wie dieses nach dem Griech. περιστάσις gebildet. Alle bedeuten eigentlich ein um der Hauptsache her stehendes Ding.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 819-820.
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