Verhehlen

[1062] Verhêhlen, verb. reg. act. welches jetzt regulär gehet, das Mittelwort ausgenommen, welches als ein Bey- und Nebenwort noch zuweilen verhohlen lautet. 1. Es ist eigentlich mit verbergen, und figürlich auch mit verschweigen gleich bedeutend. Daß das Land wird offenbaren ihr Blut, und nicht weiter verhehlen, die darin erwürget sind, Es. 26, 21. Meine Augen sehen auf alle ihre Wege, daß sie vor mir sich nicht verhehlen können, Jer. 16, 17. In den mittlern Zeiten wurde das Fest der Empfängniß Mariä häufig unser Frauen Tag der verhohlnen, die sich verborgen hatte, genannt. Sie (die Weisheit) ist verhohlen vor den Augen aller Lebendigen, Hiob 28, 21.


Diu nahe in minem herzen lit

Verholne nu vil manigen tac,

Reinmar der Alte.


Doch in dieser weitern Bedeutung, welche noch in dem Gegensatze unverhohlen vorkommt, ist es jetzt im Hochdeutschen veraltet. 2. Man gebraucht es jetzt nur noch in engerm Verstande, auf eine pflichtwidrige Art verbergen, verbergen, was man nicht verbergen sollte, sowohl eigentlich von Sachen. Gestohlne Sachen verhehlen. Als auch, und zwar am häufigsten, auf solche Art verschweigen. Ich verhehle meine Missethat nicht, Ps. 32, 5. Die Wahrheit verhehlen. Verhehle mir nichts. Ich habe keinen Umstand verhehlet oder verhohlen.

So auch das Verhehlen und die Verhehlung.

Anm. Dieses alte Wort lautet schon bey dem Kero farhelan, bey dem Ottfried firhelan, bey dem Willeram verhelan, die es insgesammt in der ersten weitern Bedeutung des Verbergens gebrauchen, und auch das einfache helan in eben demselben Verstande haben. Im mittlern Lateine ward es durch foriscelare übersetzt. S. Hehlen, wo schon die Abstammung dieses Wortes gezeiget worden. Beyde, sowohl das einfache als zusammen gesetzte Zeitwort, gingen ehedem irregulär; Imperf. ich hahl, verhahl, wovon noch das Mittelwort verhohlen üblich ist, welches noch häufig für verhehlet gebraucht wird, obgleich das Imperfectum im Hochdeutschen jederzeit regulär gebraucht wird.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1062.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika