Versöhnen

[1141] Versöhnen, verb. regul. act. 1. Man versöhnet zwey Personen mit einander, wenn man Ursache wird, daß sie alle bisherige Feindschaft gegen einander ablegen, wenn man Freundschaft unter ihnen wieder herstellet; wofür auch aussöhnen, und vertragen üblich ist. So auch in Gestalt eines Reciproci, sich mit jemanden versöhnen, die Beleidigung von beyden Seiten vergessen, alle Feindschaft von beyden Seiten ablegen. 2. Jemanden versöhnen, dessen Unwillen heben, ihn sich oder andern wieder zum Freunde machen. Einen Zornigen versöhnen. Jemanden mit Geschenken versöhnen. Jemandes Zorn versöhnen, in der höhern Schreibart.


Daß doch dein Geist den Zorn der Könige versöhne,

Der jetzt die Welt verheert,

Raml.


Gott versöhnen, dessen Unwillen heben, eine in der Deutschen Bibel sehr häufige R.A. Einen versöhnten Gott haben. 3. Mit der vierten Endung der Sache oder des Vergehens heißt es in der Deutschen Bibel mehrmahls, seine Sünde, die Missethat, seine Unwissenheit versöhnen, die Sünden des Volkes versöhnen, d.i. die Schuld und Strafe derselben tilgen; ingleichen mit der vierten Endung des Beleidigers, sich und sein Haus, seine Seele versöhnen, sie von der Schuld und Strafe des begangenen Verbrechens befreyen. Welche ganze Bedeutung außer der biblischen Schreibart veraltet ist, oder höchstens nur alsdann gebraucht wird, wenn durch Tilgung der Schuld und Strafe eines Verbrechens durch Opfer die Rede ist.

Daher die Versöhnung, in allen obigen Bedeutungen. Die Versöhnung Christi, in der Theologie, eigentlich die Versöhnung Gottes durch Christum, der Versöhnungstod Christi, u.s.f.[1141]

Anm. Im Schwabenspiegel versonen, bey dem Ottfried und Notker bisuonen, besuanen, ehedem auch nur söhnen, welches noch in der Deutschen Bibel vorkommt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1141-1142.
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