Vertreten

[1164] Vertrêten, verb. irregul. act. (S. Treten.) 1. Durch einen falschen Tritt verletzen. Sich den Fuß vertreten. Er hat sich vertreten, den Fuß. 2. Durch Treten verderben. Der Grabstein ist sehr vertreten. Erliches ward vertreten, Luc. 8, 5. Schon im Tatian fartretan. 3. Durch Treten versperren, d.i. vor etwas treten, und dadurch den Zugang hindern. Jemanden den Weg vertreten, wie verrennen, verlaufen.


Doch, als sie sich zur Flucht dem ersten Vorhof nahten,

Befahl ich, daß das Thor die Wachen ihm vertraten,

Weiße.


4. An eines andern Stelle treten. (1) Eigentlich. Jemanden oder jemandes Stelle vertreten, etwas an seiner Statt und in seinem Nahmen thun, etwas verrichten, was ihm zu verrichten zukäme; wie das Latein. obire alicuius vices. Im Deutschen Reiche vertritt ein Reichsstand einen andern Stand, wenn er die Reichsanlagen an dessen Stelle bezahlt. (2) Figürlich vertritt man jemanden, vertritt ihn bey einem andern, wenn man seine Sache bey einem andern führet, ihn bey dem andern zu entschuldigen, zu vertheidigen, eine Fürbitte für ihn einzulegen sucht. Du sollst sie nicht vertreten für (vor, besser bey) mir, Jerem. 7, 16. Der Geist selbst vertritt uns aufs beste, Röm. 8, 26. Christus sitzt zur Rechten Gottes und vertritt uns, V. 34. Da es denn oft für vertheidigen überhaupt gebraucht wird. Wollt ihr Gott vertreten? Hiob 13, 8. Du unterstehst dich noch, ihn zu vertreten und zu entschuldigen? Gellert.

So auch das Vertreten und die Vertretung.

Anm. Im Niederdeutschen bedeutet sich vertreten überdieß noch spatzieren gehen; welcher Gebrauch aber im Hochdeutschen fremd ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1164.
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