Verweilen

[1175] Verweilen, verb. regul. welches auf doppelte Art vorkommt. 1. Als ein Neutrum, welches im Hochdeutschen gemeiniglich das Hülfswort haben bekommt, einem Dinge, einem Orte eine Zeit lang gegenwärtig bleiben, besonders in der edlern Schreibart für das im gemeinen Leben üblichere sich aufhalten. Ich kann hier nicht länger verweilen. Du hast lange verweilet, ehe du gekommen bist. Verweile noch, o Sonne, verweile am Himmel. Auf oder bey jeder Blume verweilete sein Blick. Wo es denn auch häufig als ein Reciprocum gebraucht wird. Sich verweilen. Ich kann mich hier nicht lange verweilen. Sich bey Nebendingen verweilen, bey denselben aufhalten. In einigen Gegenden gebraucht man dafür nur das einfache weilen, welches auch von einigen Schriftstellern, selbst in der höhern Schreibart, gebraucht worden. Lasset uns bey dem lieblichen Bilde etwas weilen, Herd.

2. Als ein Activum, verweilen machen, wie das Activum aufhalten.


Ich zwinge mich, den ungewissen Fuß,

Den du verweilst, Gott weiß, wohin, zu setzen,

Günth.


Und da dich mein Verlust nicht auf der Bahn verweilet,

Schleg.


Sogleich verweilt den Blick die aufgeputzte Wand.

Zach.


In gemeinen Sprachgebrauche der Hochdeutschen ist es in dieser Form nicht gewöhnlich.

So auch das Verweilen, und zuweilen auch die Verweilung.

Anm. Bey dem Horneck kommt dafür entweilen vor. Es ist von Weile, und beziehet sich daher ganz natürlich mehr auf die Zeit, als auf den Ort.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1175.
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