Visieren

[1215] Visieren, verb. reg. act. 1. Eigentlich, genau sehen, doch nur in engerm Verstande, für zielen, in welcher Bedeutung es noch im gemeinen Leben üblich ist. Auf etwas visieren, zielen. 2. Figürlich, wo es in einigen Fällen für messen, ausmessen gebraucht wird, vermuthlich, so fern dazu ein scharfes und genaues Sehen erfordert wird. (1) Den körperlichen Inhalt eines Dinges finden. Einen Kornhaufen, einen Wall, eine Mauer visieren, durch Messung der äußern Flächen und darnach angestellte Berechnung des körperlichen Inhaltes. Besonders den körperlichen Inhalt eines Gefäßes flüssiger Dinge, z.B. eines Fasses, finden, ahmen, Franz. jauger, im Nieders. rojen, Holländ. roeyen, von Roje, Ruthe, ingleichen der Visierstab. S. auch Eichen. Es geschiehet solches sowohl vermittelst eines eigenen Visierstabes, welcher in das Gefäß gestoßen wird, als auch vermittelst der Visierschnur, womit der äußere Umfang ausgemessen und darnach der Inhalt berechnet wird, in welchem Falle es auch schnüren heißt. Ein Faß Wein, ein Faß Bier visieren. (2) Ehedem war visieren einen nach dem Maßstabe gemachten Riß von einem Gebäude verfertigen, wo Visierung auch einen solchen Riß bedeutete. In diesem Verstande ist es veraltet, und man gebraucht es nur noch, (3) in noch weiterer Bedeutung in der Wapenkunst, die Theile und Figuren eines Wapens nach den Regeln der Kunst beschreiben und aussprechen; eine ohne Zweifel von der vorigen hergeleitete Bedeutung, in welcher es ehedem auch ein Wapen aufzeichnen, oder verzeichnen, bedeutet haben mag, obgleich dazu kein Maßstab erfordert wird.

So auch die Visierung. Es ist von einem veralteten Franz. viser, scharf, genau sehen, zielen, ingleichen messen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1215.
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