Vorhalten

[1269] Vorhalten, verb. irregul. act. S. Halten. 1. * Was einem andern gehöret, auf unbillige Art zurück behalten; eine veraltete Bedeutung, in welcher jetzt vorenthalten üblich ist. Jemanden seinen verdienten Lohn vorhalten, Tob. 4, 15. 2. Vor einem andern Dinge halten, d.i. in einiger Entfernung vor demselben. In diesem Verstande hält man mit einem Schießgewehre vor, wenn man auf ein im Laufe oder Fluge befindliches Thier anschlägt, und in einiger Entfernung vor demselben zielet, da es denn in den Schuß fährt; dagegen, wenn man dasselbe voll nimmt, der Schuß leicht hinter dasselbe fährt, oder es im Hintertheile verwundet. 3. Ohne den Begriff der Entfernung, überhaupt vor einem andern Dinge, vor dem Vordertheile desselben halten. (1) Eigentlich. Jemanden einen Spiegel, ihm das Licht, ein Buch vorhalten. Einem Schweine den Spieß vorhalten. Ingleichen absolute und elliptisch. Die Hand vorhalten, vor das Gesicht. In engerer Bedeutung, zur Darreichung vorhalten; doch nur noch im gemeinen Leben. Der jedermann vorhält den Glauben, Apost. 18, 31. (2) Figürlich, vorstellen, vorstellig machen. Bin ich denn also euer Feind worden, daß ich euch die Wahrheit vorhalte? Gal. 4, 16. Besonders in engerer Bedeutung, jemanden an sein Versprechen erinnern. Mein[1269] Herz hält dir vor dein Wort, Ps. 27, 8. Noch häufiger, jemanden sein Vergehen vorstellen, ihm eine anschauende Erkenntniß desselben beybringen. Jemanden sein Vergehen, seine Fehler vorhalten. Ich will es ihm vorhalten. S. auch Vorrücken und Vorwerfen.

Daher das Vorhalten und die Vorhaltung. Aber jemanden Vorhaltung thun, in der letzten figürlichen Bedeutung, wird nur in den Kanzelleyen und im gemeinen Leben gebraucht.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1269-1270.
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