Wundern

[1623] Wundern, verb. regul. neutr. mit dem Hülfsworte haben. 1. Die Empfindung des Ungewohnten verursachen, doch nur in der dritten Person, und mit dem Accusativ der Person. Diese Sache wundert mich, sie verursacht mir Verwunderung. Es hat mich sehr gewundert, daß du so spät gekommen bist. Es wundert mich, oder, mich wundert es, daß er noch lebt. Es nimmt mich Wunder, wird auf eben dieselbe Art gebraucht, S. Wunder. 2. Die Empfindung des Ungewohnten haben, als ein Reciprocum, wie sich verwundern. Ich wundere mich, daß du so spät kommst. Er wunderte sich sehr, als er hörte, daß du noch lebest. Mit dem Genitiv der Sache, sich einer Sache wundern, ist es im Hochdeutschen veraltet, indem man die Sache vermittelst der Präposition über ausdruckt, sich über etwas wundern. 3. Verwunderung, oder die Empfindung des Ungewohnten durch Worte und Geberden ausdrucken; ein provinzieller, nur in einigen Gegenden üblicher Gebrauch. Er hörte nicht auf, zu wundern.

Anm. Schon bey dem Ottfried und andern alten Oberdeutschen Schriftstellern, wunteren, wuntarn, im Angels. vundrian, im Schwed. und Isländ. undra. Wachter leitete es auf eine sehr gezwungene und ganz widersinnige Art entweder von dem Lat. intueri, oder von dem Schwed. ovan, ungewohnt, ab. Die Form zeiget schon, daß es ein Intensivum, oder Iterativum ist, daher es nur auf die Wurzelsylbe wund, wun, ankommt, die denn freylich dunkel ist. Vielleicht ist sie ein alter natürlicher Laut, wodurch sich die Verwunderung geäußert hat.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1623.
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