Wünschen

[1625] Wünschen, verb. regul. act. ein bestimmtes Verlangen nach einem künftigen Gute hegen und äußern. Sowohl mit dem Accusativ der Sache, und dem Dativ der Person. Einem alles Gutes wünschen. Sich den Tod wünschen. Das ist ein Mann, wie ich mir ihn wünsche. Einem Glück wünschen, ihm Glück auf die Reise, oder zur Reise wünschen. Sich reich, gelehrt, wünschen. Der Menschenfreund wünschet alle glücklich. Seine so lange-gewünschte Ankunft. Als auch mit daß. Ich wünsche nicht, daß es geschehe. Und, obgleich seltener, mit dem Accusative und Infinitive. Ich wünsche, ihn kennen zu lernen, ihn nie wieder zu sehen. So auch das Wünschen. Das Substantiv, die Wünschung, ist nur in Zusammensetzungen üblich.

Anm. Schon bey dem Ottfried wunsgan, im Schwed. önska, im Engl. to wish, im Böhmischen winssowati. Die eigentliche Bedeutung des Wortes ist dunkel, obgleich nicht dessen Form und Abstammung. Aus dem sch erhellet, daß es abgeleitet ist, und daß es nur auf die Sylbe wun, oder wün ankommt. Vielleicht ist es eben dieselbe, welche in dem Intensivo Wonne, oder dem Schwed. ähnlichen Intensivo unna, verlangen, begehren, zum Grunde liegt, und vielleicht eine alte Interjection des Verlangens gewesen ist. Im Oberdeutschen hat dieses Verbum noch ein irreguläres Participium, gewunschen, für gewünscht.

Wünschen, verlangen, begehren, mögen u.s.f. bezeichnen einerley Hauptbegriff mit verschiedenen Nebenbegriffen. In Ansehung des ersten sind sie Synonymen; in Ansehung der letztern aber nicht. Diese Nebenbegriffe haben aber immer ihren Grund in dem Baue und der Abstammung eines Wortes, daher die Unterschiede zwischen so genannten Synonymen sich ohne Rücksicht auf diese nie genau bestimmen lassen. Es erhellet daraus zugleich, daß, wenn der Bau eines Wortes, oder die eigentliche Bedeutung der Wurzelsylbe dunkel ist, auch der Unterschied schwer, und oft gar nicht zu bestimmen ist. Wünschen ist zum Theil in diesem Falle. Zwar scheinet es vermöge des sch ein Intensivum oder Iterativum[1625] zu seyn, welches ich durch den Beysatz eines bestimmten Verlangens auszudrucken gesucht; allein die Wurzelsylbe ist doch dunkel. Verlangen ist ein tropischer Ausdruck, der von dem Ausstrecken der Hand oder der Arme nach dem verlangten Gegenstande hergenommen ist. Begehren, oder vielmehr dessen Wurzel ger, ist eine Onomatopöie, wie noch mehr aus dem Intensivo girren erhellet; daher ist es auch von einem weit eingeschränktern Gebrauche, ob man es gleich in der neuern Philosophie als einen allgemeinen Ausdruck des Hauptbegriffes gebraucht hat, wozu es mir doch nicht schicklich zu seyn scheinet. Die Onomatopöie schließt immer etwas sinnliches mit ein.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1625-1626.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika