Zaum, der

[1659] Der Zaum, des -es, plur. die Zäume, Diminut. das Zäumchen, Oberd. Zäumlein. 1. Ein Band, Strick; eine längst veraltete Bedeutung, welche aber doch die ursprüngliche zu seyn scheinet, indem Zaummu in derselben schon bey dem Kero vorkommt. Man gebraucht es noch in einigen wenigen Fällen figürlich, gewisse fleischige, oder häutige Theile zu bezeichnen, welche zwey verschiedene Theile des Leibes mit einander verbinden. So wird sowohl das Zungenband, welches die Zunge mit dem untern Gaumen verbindet, als auch ein ähnliches Häutchen, welches die Vorhaut mit der Eichel verbindet, das Zäumchen genannt. 2. In der gewöhnlichsten Bedeutung ist der Zaum die Verbindung von Bändern oder Riemen, welche einem Pferde um den Kopf gelegt werden, es vermittelst derselben zu lenken. Zaum bezeichnet hier das Ganze, welches sich wieder in das Kopfgestell und den Zügel theilet. Einem Pferde den Zaum anlegen. Es im Zaume halten. Figürlich ist jemanden, oder seine Begierden, seine Zunge im Zaume halten, sich mäßigen, in den gehörigen Schranken halten. Die Furcht hält die Lasterhaften im Zaume. Mit verhängtem Zaume (besser, Zügel) reiten, im Galopp. Sprichw. Er weiß, wo die Zäume hängen, er ist in der Sache bewandert. Wegen einiger Ähnlichkeit wird in manchen Gegenden auch das Leit- oder Gängelband der Kinder der Zaum, oder Leitzaum genannt. 3. Figürlich, ein Mittel der Einschränkung. Die Gesetze sind ein Zaum für die Lasterstaften.

Anm. Im Oberd. schon von den frühesten Zeiten an Zoum, Zaum, im Nieders. Toom, im Schwed. Töm, im Isländischen Taum, im Engl. Team. Die gemeinste Meinung leitet es von zahm, zähmen her; allein aus der ältesten Bedeutung eines Strickes, oder Bandes erhellet, daß es mit dem Griech. θωμιγξ und dem Lat. Thomix, Tomix, ein hänfener Strick, verwandt[1659] ist, welches denn doch die älteste Art der Zäume war. Allein, dieses kann wieder ein Abkömmling von ziehen seyn, welches auch aus dem Nieders. erhellet, wo Toom nicht allein der Zaum, sondern auch der Fischzug mit einem großen Netze, ingleichen die Nachkommen, das Geschlecht, die Zucht ist. Der Unterschied zwischen Zaum und Zügel erhellet sehr deutlich aus dem Theuerdanke. Kap. 35:


Da behing im an einem paum

Sein pferdt mit dem Zügel am Zaum.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1659-1660.
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