Zerte, die

[1693] Die Zerte, plur. die -n, oder der Zerter, plur. ut nom. sing. ein im Hochdeutschen mit der Sache selbst veraltetes Wort, diejenige Art von Urkunden zu bezeichnen, da ein Vertrag auf einem und eben demselben Bogen zwey Mahl geschrieben und hernach der Bogen in der Mitte eckig, oder auf andere irreguläre Art durchschnitten ward, da denn im Fall der Klage beyde Theile zusammen passen mußten; daher denn in weiterer Bedeutung auch wohl ein jeder Vertrag eine Zerte genannt wurde. In machen Gegenden, besonders auf dem Lande, ist diese Art von Urkunden noch üblich, und dort kennet man auch noch dessen Nahmen.

Anm. Frisch und andere lassen dieses Wort auf eine sehr unschickliche Art von dem Lat. certus abstammen. Wahrscheinlicher ist die Ableitung derer, die Zerte aus Charta verderbt seyn lassen, zumahl da bekannt ist, daß dergleichen Urkunden ehedem Chartae indentatae genannt wurden. Indessen läßt es sich auch füglich als ein altes ächt Deutsches Wort betrachten, von zerren, reissen, oder vielmehr von dessen Stammworte zaren, theilen, spalten, welches noch in dem alten Gedichte auf Carln den Großen bey dem Schilter vorkommt, so daß Zerte eigentlich eine getheilte, oder gespaltene Urkunde bedeuten würde, welches sie denn auch wirklich ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1693.
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