Zeugen (2)

[1698] 2. Zeugen, verb. regul. neutr. mit dem Hülfsworte haben. 1. Feyerlich, mit Ernst und Theilnehmung aussagen; eine längst veraltete Bedeutung, von welcher sich noch einige Spuren in Luthers Neuen Testamente befinden, z.B. Jesus zeugete, lehrte mit Ernst und Lebhaftigkeit. 2. Ein Zeugniß ablegen, die Wahrheit einer Sache durch seine Erfahrung bestätigen. Ein Weib kann nicht zeugen, kann keinen Zeugen abgeben. Für, wider jemand zeugen. Im Oberdeutschen gebraucht man es aber auch mit dem Dativo, einem zeugen, ein Zeugniß in seiner Sache ablegen. 3. Ein Merkmahl, ein Beweis einer Sache seyn. Von ihm (von Gott) zeugt jeder Gedanke unserer Seele, Gell.

So auch, obgleich nur selten, das Zeugen.[1698]

Anm. Im Nieders. tügen, im Schwed. tyga. Es war gewiß eine sehr armselige Ableitung, wenn Frisch und andere Zeuge und zeugen von ziehen ableiteten, weil man die Zeugen ehedem bey dem Ohre zu ziehen pflegte. Von solchen zufälligen Nebenumständen benennet der gesunde Menschenverstand keine Hauptbegriffe. Zeugen bedeutete ehedem überhaupt, sagen, verkündigen, aussagen, in welcher Bedeutung teihan und gateihan noch in dem Ulphilas vorkommt. Unser zeihen ist genau damit verwandt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1698-1699.
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