Vorwort [zu Bd. 7]

Bei dem Erscheinen dieser Nachträge kann wohl von der Nothwendigkeit und Unerläßlichkeit derselben nicht mehr die Rede sein. Die Sache spricht zu laut für sich, wenn auch nicht schon die so häufigen Nachweisungen in dem Werke selbst sie dem Herausgeber zur Pflicht machten. Also kein Wort von Rechtfertigung deshalb! Wohl aber bedarf es einer nähern Rechenschaft über die Art, wie diese Nachträge gegeben worden, um die Leser auf den rechten Standpunkt zu stellen, aus welchem sie diese zu beurtheilen und den Maßstab anzulegen haben, damit auch nicht die Forderungen daran über die Kräfte des Herausgebers und seiner Freunde gehen.

[3] Ich glaube, diese Nachträge füglich unter zwei Klassen bringen zu können: theils sind es solche, welche Gegenstände zur Wissenschaft der Leser bringen, die in dem Werke selbst noch gar nicht aufgeführt sind; theils aber solche, welche bereits aufgeführte Gegenstände entweder berichtigen, oder die Veränderungen, welche mit ihnen vorgegangen, anzeigen, oder eigentlich nachtragen, was erst in der Folge der Begebenheiten weltkundig und wissenswürdig geworden ist. Es bedarf wohl keiner weitläufigen Auseinandersetzung, daß bei einem Werke, wie dieses, der Aufmerksamkeit auch des fleißigsten, unermüdetsten Herausgebers so manches entgehen muß, was ihm in der Folge erst sich deutlicher und wichtiger darstellt, um in einem Hülfsbuche für die Unterhaltung aufgenommen zu werden. Hierzu kommt, daß selbst beim ersten Entstehen dieses Werks der Plan etwas eingeschränkter gefaßt, mithin so manches weggelassen wurde, was in der Folge bei einem erweiterten Plane [4] schlechterdings die Aufnahme forderte. Eine gleiche und – entschuldigende Bewandniß, dünkt mich, hat es mit solchen Nachträgen, welche die bereits vorhandenen und aufgeführten Gegenstände berichtigen. Irren ist menschlich! Weit entfernt, mit diesem Deckmantel menschlicher Schwachheiten auch die, welche diesem Werke anhängen, verdecken oder vertheidigen zu wollen, gestehen wir sie vielmehr schon dadurch selbst zu, daß wir sie nach unsern besten Kräften zu verbessern uns bestreben; und da nun schon seine Fehler einsehen und zu verbessern suchen, halbe Verzeihung bewirkt, warum sollte nicht auch hierin schon für diese verbessernden Nachträge hinlängliche Entschuldigung liegen? Soll ich endlich noch weitläufig über die Neuerungen und Veränderungen sprechen, welche in statistischer, geographischer, historischer Hinsicht so bedeutende Nachträge unumgänglich nöthig gemacht haben? – Schwerlich würde bei [5] den Ereignissen nur des letzten thatenreichen Jahrzehends – das an Wichtigkeit Jahrhunderte hinter sich läßt – Ein Leser oder Leserin die so gegründeten Ansprüche aufgeben, die sie auf Andeutung alles dessen, was sich binnen solch einer gehaltschweren Periode, seit dem Erscheinen der ersten Bände bis zur Beendigung der letzten, bei so vielen Artikeln umgewandelt hat, auf Einschaltung der so vielfältigen neuen und wichtigen Begebenheiten, kurz, auf die auch in dieser Hinsicht unerläßlichen Nachträge mit Recht machen.

Ob es mir und den Freunden, die sich der Mitarbeit an diesem Werke unterzogen haben, einigermaßen gelungen ist, diese Ansprüche zu befriedigen? – Die Entscheidung dieser Frage müssen wir hauptsächlich auf die Billigkeit unsrer Leser stellen, welche gewiß einsehen werden, daß auch bei dem äußersten Bestreben nach Erreichung eines [6] gewissen Grades von Vollkommenheit dennoch hier Stufen übrig bleiben, welche uns still stehen heißen; ja, daß selbst die Verschiedenheit der Leser und die Verschiedenheit der Ansprüche derselben es schon an sich unmöglich macht, Allen alles zu leisten, wenn auch die Unzureichendheit der Kräfte nicht die natürlichste Apologie in sich enthielt. Das darf ich aber, ohne einer Ruhmredigkeit oder Unwahrheit mich schuldig zu machen, versichern, daß, seit der Erscheinung der ersten Bände dieses Werks, unablässig die mangelnden Artikel sorgfältig angemerkt und so in einer Reihe von Jahren denn doch gewiß so manche bedeutende Nachträge für das Werk gesammelt worden sind, die den Herausgeber und seine Freunde wider den Vorwurf schützen müssen, als ob ohne die nöthige Vorbereitung zu diesen Nachträgen geschritten worden wäre.

Noch sei es mir erlaubt, einiges über den Maßstab zu sagen, welchen wir uns [7] in chronologischer Rücksicht gesetzt haben. Das Jahr 1808 ist bis zu Ende seines Laufs der Gränzpunkt, über welchen hinaus kein Leser die Erwähnung von Ereignissen, die auch schon wieder den Anfang des jetzigen Jahres so sehr ausgezeichnet haben, erwarten darf. Irgend eine Linie ist nöthig, wo man bei Erwähnung merkwürdiger Thatsachen still stehen muß, um nicht immer wieder aufs neue in den Strudel der neusten Umwälzung hineingerissen zu werden. Eben dies gilt auch von dem Lebensende merkwürdiger Personen, welche entweder in dem Werke selbst schon erwähnt worden sind, und deren fortgesetzte Geschichte, der Vollständigkeit wegen, in diesen Nachträgen folgt, oder deren Aufführung, wenn sie noch vor dem Ende des verflossenen Jahres aus der Reihe der Lebendigen geschieden sind, hier beigebracht wird. Zugleich stehe hier eine zweite Bemerkung, welche den Vorwurf einer Ungleichheit, der uns [8] leicht treffen könnte, widerlegen soll. Nemlich unter den merkwürdigen und ausgezeichneten Personen werden unsre Leser oft die biographischen Nachrichten berühmter Helden der neuesten Zeit vermissen. Allein auch hier haben wir uns schlechterdings nur ein gewisses Ziel gesetzt. Diejenigen, welche nicht etwa schon in dem Werke selbst aufgeführt sind und auch noch den lebenden Helden beigezählt werden, müssen wir auch jetzt noch unerwähnt lassen. Es sind hier beinahe eben die Rücksichten, welche bei andern merkwürdigen Personen Statt finden: so manche einzelne Verhältnisse, welche bei ihren Lebzeiten verschwiegen, so manche Nachrichten, welche nur erst nach ihrem Tode der Nachwelt kund geworden, machen (abgesehen, daß es oft mit dem Zartgefühl streitet, gewisse Dinge von noch Lebenden vors Publikum zu bringen) immer eine Biographie von ihnen unvollständig. Ausnahmen hiervon sind schon in der Vorrede [9] zu einem der ersten Bände berührt worden: zu ihnen gehören auch solche Personen, deren schon in dem Werke selbst Erwähnung gethan worden – hier war es zur Vollständigkeit nöthig, die Fortsetzung ihrer Begebenheiten kürzlich anzuführen.

Dies sei genug für diese Nachträge, für welche ich eine eben so nachsichtige Aufnahme wünsche, als das Werk selbst schon – dankbar muß ich es rühmen – genossen hat.

Leipziger Jubilate-Messe 1809.

Der Herausgeber.[10]

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 0,XI11.
Lizenz:
Faksimiles:
0
Kategorien: