Curland

[309] Curland, ein Herzogthum, welches durch den Fluß Dniester von Liefland abgesondert wird, und Curland in engern Sinne und Semgallen in sich faßt. Lutheraner und Katholiken haben gleiche Rechte daselbst; die Reformirten haben zwar Kirchen, können aber keine öffentlichen Bedienungen erhalten. Curland gehörte ehedem dem Deutschen Orden; der letzte Herrenmeister Gotthard Kettler nahm es aber 1561 von Pohlen als ein weltliches Lehen, und vererbte es bis in das gegenwärtige Jahrhundert an seine Nachkommen. Von Anfang [309] dieses Jahrhunderts sehen wir Curland größten Theils von Rußland abhängig, welches stets auf die Wahl der Curischen Regenten den größten Einfluß hatte. Peter, Herzog in Curland seit 1769, hatte eine zwar nicht ruhige Regierung, aber doch ohne Ausbrüche völliger Empörung gehabt. Der Adel und der Bürgerstand waren beständig in Händeln, wobei denn sehr oft die Zuflucht bald von dem einen, bald von dem andern Theile nach Petersburg oder nach Warschau genommen ward. Nach dem Ausbruch der letzten Revolution waren die Pohlen bis in Curland vorgedrungen, und schickten sich an, eine der Pohlnischen und freilich auch der Französischen ähnliche Ordnung der Dinge einzuführen. Dieß dauerte zwar nicht lange, aber der seiner Vorrechte wegen in beständigem Streit mit den Bürgern liegende Adel fürchtete für sich, und suchte durch eine Deputation Schutz bei der Kaiserin von Rußland. Als nun kein Pohlen mehr war, ward es leicht dahin gebracht, daß auf dem Curländischen Landtage, welcher immer nur von dem Adel beschickt ist, am 18. März 1795 der Beschluß gefaßt ward, durch eine Delegation das ganze Land unmittelbar und unbedingt dem Russischen Scepter zu unterwerfen. Diese Delegation ward bloß befugt, dem in Petersburg befindlichen Herzog diesen Beschluß anzuzeigen, und ihn zu einer gleichen Unterwerfung aufzufordern. Der Herzog, dem aus seinen dreien Ehen fünf Prinzessinnen, aber kein Prinz übrig war, hatte in der Hinaussicht auf deren Versorgung das Schlesische Fürstenthum Sagan käuflich an sich gebracht. Was ihm für Geldvortheile bei seiner Abtretung zugetheit worden, ist bisher nicht bekannt, und eben so wenig, was seinem Bruder, welchem drei Prinzen noch leben, zugestanden sein mag.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 309-311.
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