Der Nabob

[206] Der Nabob; so heißt in Hindostan oder der westlichen Halbinsel Ostindiens der Statthalter über eine Provinz, der in sehr weitläuftigen Provinzen Subah genannt wird. Diese Würde war in dem Reiche des Großmoguls eingeführt, und wurde von den Engländern aus Politik in den Landen, die sie dem Mongolischen Scepter entrissen, dem Namen nach beibehalten, übrigens aber sehr eingeschränkt. Der Nabob war Oberbefehlshaber der Truppen seiner Provinz, die in mehrere Districte oder Circars eingetheilt [206] war, Oberaufseher über die innere Sicherheit und Polizei, auch oberster Richter, und vergab alle Aemter. Mit der Eintreibung der Königlichen Abgaben und überhaupt mit dem Finanzwesen hatte er nichts zu thun; denn dieses stand unter besondern von ihm unabhängigen Beamten in einzelnen Rabobschaften, die Duans oder Dewans hießen. Schon durch diese Einrichtung hatte der Großmogul Akbar der Große (der Urheber der innern Verfassung des Mongolischen Reichs, ein wahrer Vater des Volks) dem Druck der Unterthanen durch die Nabobs ziemlich vorgebeugt, noch mehr aber dadurch, daß jeder Nabob keine Besoldung an baarem Gelde, sondern Statt derselben die Einkünfte eines gewissen Districts in einer andern Nabobschaft bekam. Dessen ungeachtet konnten die Nabobs, besonders in den spätern Zeiten des Verfalls des Mongolischen Reichs, hauptsächlich aber im 18. Jahrhunderte, sehr viel erpressen; und die ungeheure Größe ihrer Provinzen veranlaßte sehr viele (z. B. den Subah von Decan, den Nabob von Aude u. a. m.), sich ganz unabhängig zu machen, oder wenigstens die Stelle des Dewan an sich zu reißen, und sich unermeßliche Reichthümer zu verschaffen. – Dieser Reichthum der Nabobs erzeugte bei den Engländern einen neuen Gebrauch dieses Worts, vermöge dessen sie die Bedienten der Ostindischen Gesellschaft, die sich durch Habsucht und Bedrückungen sehr bereichern, Nabobs neunen.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 206-207.
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