Die Pulververschwörung

[499] Die Pulververschwörung, eine der abscheulichsten Verschwörungen in neuern Zeiten, ein schreckenvolles Ereigniß des religiösen Fanatismus. Sie wurde 1605 in England unter Jacob I. unternommen. Als dieser König, welcher 1603 nach dem [499] Tode der protestantisch gesinnten Elisabeth den Thron bestiegen hatte, wiewohl er sich zur protestantischen Religion bekannte, dennoch zweideutigere religiöse Gesinnungen äußerte, als seine Vorgängerin, so hatten die Katholiken große Hoffnungen auf ihn gesetzt. Diese Hoffnungen gingen jedoch nicht in Erfüllung, da er ihnen bloß kleine Vortheile zukommen ließ. Einige wenige Katholiken, von religiöser Wuth entflammt, und von den Jesuiten unterstützt, entwarfen den gräßlichsten aller Mordplane. Sie wollten den König, der den 5. November 1605 in der Parlaments-Versammlung erscheinen wollte, zugleich mit den sämmtlichen Mitgliedern des Hauses der Lords und der Gemeinen durch eine ungeheure Pulvermasse in die Luft sprengen, dann dessen Tochter Elisabeth gefangen nehmen und zur Königin ausrufen, alle Katholiken unter ihre Fahnen bringen, und die katholische Religion zur herrschenden erheben. Die Verschwornen waren gar nicht zahlreich, und das Unternehmen also das fürchterlichste Wagstück. Einer derselben, Thomas Percy, miethete sich ein Gewölbe unter dem Pallaste des Parlaments und noch ein Gebäude nebenan, füllte das Gewölbe mit Pulver, und grub nebst den Mitverschwornen von dem Gebäude aus eine Mine. Schon war alles zur Ausführung bereit, als Mounteagle (ein Freund eines Verschwornen) kurz vor dem bestimmten Schreckenstage ein namenloses Billet erhielt, worin er in undeutlichen Ausdrücken gewarnt wurde, nicht ins Parlament zu gehen, weil daselbst »ein schrecklicher Schlag von unsichtbarer Hand erfolgen würde.« – Er zeigte das Billet dem Staatssecretair, Grafen von Salisbury, und dieser dem König. Dieser muthmaßte sogleich, wiewohl sehr dunkel, die Existenz einer Pulvermine, ließ die Parlamentsgewölbe noch in der Nacht vor dem 5. November unter dem Vorwand eines geschehenen Diebstahls durchsuchen, wo man denn eine sehr große Menge Pulver fand. Man traf in diesen unterirdischen Behältnissen einen äußerst verwegenen Menschen, Fawkes, Percyʼs Bedienten, an, der das Pulver früh anzünden und sich selbst mit in die Luft sprengen wollte; man brachte ihn zum Geständniß der Mitverschwornen, ließ [500] dieselben einziehen und, wenn sie sich aus Verzweiflung mit gewaffneter Hand widersetzten, niederschießen. Die meisten derselben wurden zugleich mit dem Provinzialpater der Jesuiten, Heinrich Garnet, hingerichtet, und die sehr verdächtigen Jesuiten einige Zeit nachher aus dem Reiche verwiesen. Jacob bewies sich hierbei sehr gemäßigt und schonend, erklärte auch die übrigen Katholiken, der Wahrheit gemäß, für unschuldig, führte aber doch, da sie der Staatsruhe gefährlich werden konnten, den Eid der Treue ( Oath of Allegiance) ein, vermöge dessen jeder, der ein geistliches, oder späterhin seit 1610 auch ein weltliches Amt haben wollte, der geistlichen Oberherrschaft des Papstes entsagen mußte, wodurch alle Katholiken von der Anwartschaft zu Aemtern ausgeschlossen wurden.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 499-501.
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