Die Pyramiden

[502] Die Pyramiden (a. dem Coptischen, wörtlich Sonnenstrahlen) sind große, viereckige, inwendig aus verschiednen Gängen und Gemächern bestehende Gebäude, die von einer sehr breiten Grundfläche allmählig spitziger zu laufen und sich in einer platten Decke endigen. Die Seiten derselben richten sich genau nach den vier Hauptgegenden des Himmels. Man findet diese bewundernswürdigen Gebäude nur in Egypten, wo es noch fünf verschiedne Gruppen giebt, die alle auf Anhöhen stehen. Die Materialien derselben sind verschieden, Kalksteine, Basalt, Granit u. s. w. Die einzelnen Steinblöcke sind aber mit solcher Kunst zusammengesetzt, daß Jahrtausende sie noch nicht zerstört haben. Auch die Bauart und Größe ist verschieden. Der bekannte Reisende Niebuhr, der sie genau untersucht hat, sagt: »Wer sich einen Begriff von der Größe einer der beiden großen Pyramiden, die man in der Nähe von Kahiro antrifft, machen will, der stecke auf freiem [502] Felde ein Viereck ab, dessen jede Seite 700–710 Fuß lang ist, und denke sich auf dieser viereckigen Fläche einen soliden, in einer senkrechten Höhe von 440 Fuß aufsteigenden und in einer Spitze sich verlierenden kolossalischen Körper; dann wird er ungefähr eine Vorstellung haben, welchen Eindruck eine der wirklichen Pyramiden bei ihrem Anblick in der Nähe machen muß.« Ueber die Bestimmung dieser merkwürdigen Denkmähler des Alterthums sind die Geschichtsforscher nicht einig. Sehr wahrscheinlich ist es, daß sie zu Grabmählern dienten, indem man noch viele Grabgewölbe in ihrer Nähe findet. Andre halten sie für Kammern, die zur Feier der Mysterien bestimmt waren, oder für symbolische Darstellungen der Unsterblichkeit, oder gar für bloße Prachtzeichen der Egyptischen Könige. Das Besuchen der Pyramiden ist mit mancherlei Beschwerden verknüpft. Die meisten sind gar nicht mehr zugänglich, da sie unter dem Flugsande gleichsam begraben liegen.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 502-503.
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