Der Roßschweif

[338] Der Roßschweif, auf Türkisch Tugg, ist ein Kriegszeichen der Türken und Tataren, welches vor dem Sultan, Großvezier, den Paschas, oder Bassen, und den Beys hergetragen oder im Lager vor ihrem Zelte aufgesteckt wird. Je größer der Rang des Feldherrn ist, desto mehrere Roßschweife hat er: z. B. der Großvezier hat im Lager 5, außerdem 3; der Pascha bekommt 2 bis 3, der Bey nur einen, der Sultan selbst, wenn er im Felde ist, hat 7. Der Roßschweif wird an einer langen, oben mit einem goldnen Knopf versehenen, Stange befestigt, und besteht in einer Menge langer Pferdehaare, die, von andern bunt gefärbten pferdehärnen Zierathen durchsiochten, ungefähr in Gestalt eines Pferdeschweifs herabhängen. Der Ursprung der Roßschweife ist folgender: Als die Türken in einem ihrer frühern Kriege alle Fahnen verloren hatten, band einer ihrer Generale auf der Flucht den abgeschnittnen Schweif seines Rosses an eine Stange, sammelte durch dieses Signal die Fliehenden, drang wieder in die Feinde ein, und erkämpfte einen vollkommnen Sieg. – Wenn übrigens die Türken einem auswärtigen Potentaten den Krieg ankündigen, so geschieht dieß unter Trompeten und Paukenschall mit Aussteckung eines Roßschweifs.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 4. Amsterdam 1809, S. 338.
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