Die Catten

[198] Die Catten (Chatti) waren eins der berühmtesten und ausgebreitetsten deutschen Völker, welche aber in Rücksicht ihres Innern den Römern wenig bekannt waren. Sie hatten das, was heut zu Tage Hessen, Fulda, Hanau, Isenburg und ein beträchtlich Stück von Franken, bis an die Saale, dann den größern Theil der nassanischen Länder, den östlichen Theil von Westphalen etc. umfaßt; sie reichten bis an den Rhein und Main. Mit den Hermunduren und Cheruskern führten sie sehr oft blutige Kriege. Zu Cäsars Zeiten wohnten sie längs dem Lahn, und waren dem Rheine sehr nahe: sie verdrängten die Teuchterer und Ussipeter, und Cäsar konnte nichts gegen sie ausrichten. Drusus, welcher Anfangs durch den Angriff der Cherusker sich die Catten zu Freunden gemacht hatte, ward, als er nun Festungen anlegte, ihr Feind: er schlug sie, verlor aber, als er sich tiefer bis an die Weser und Elbe wagte, das Leben. Ueberhaupt richteten die Römer wenig gegen sie aus. Durch ihre Einfälle in die decumatischen [198] Felder und durch Schwächung der Cherusker wurden die Catten groß und mächtig, indem auch die vorher mit jenen im Bund gestandenen Völker sich nun mit ihnen vereinigten. In der darauf folgenden Periode hatten sie wahrscheinlich mit Trajan zu thun; unter Mare Aurel fielen sie in Germanien und Rhätien ein, wurden späterhin von Didius Julianus geschlagen, und kommen noch zuletzt 392 in Verbindung mit den Franken unter König Markomer vor. Von da an verschwindet der Name Catten, bis dann im 8ten Jahrhundert die Hassi oder Hessi auftreten, welche mit den Catten einerlei Volk ausgemacht haben sollen. – Nach dem Berichte des Cäsars war das Land der Catten in 100 Gaue eingetheilt; jeder von diesen mußte jährlich 1000 Mann ins Feld stellen, welche dann fürs nächste Jahr mit den Zurückgebliebenen, die unterdessen das Feld besorgen mußten, wechselten, und nun wieder jener Stelle daheim einnahmen: sie hatten also Ackerbau eben so gut als Kriegsübungen. Ihre Nahrung war meistens Milch, Käse und Wildpret; ihre Kleidung machten sie sich aus Thierfellen. Uebrigens hatte keiner ordentlich Eigenthum, sondern die Fürsten, welche aber nicht souverain waren, und Landtage halten mußten, theilten jährlich die Aecker und Felder unter die Familien aus. Sie werden übrigens von den alten Schriftstellern als ein sehr tapferes, abgehärtetes, muthiges und kluges Volk geschildert.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 198-199.
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