Luigi Cherubini

[207] Luigi Cherubini, geboren zu Florenz 1764, einer der bedeutendsten und genialsten Compositeurs, und gewiß einer der geschätztesten in Frankreich sowohl als in Deutschland, wo man nur immer echterhabene Musik von dem gewöhnlichen Klingklang zu unterscheiden weiß. Aus seinen eigentlichen Lebensumständen ist nicht sehr viel bekannt, als daß er, ein Schüler von Sarti, schon im 18 Jahre (1782) zu Livorno eine Oper (Adriano in Siria) setzte, die aber für die dortigen Kunstkenner – zu gelehrt war. In Mantua setzte er 1784 eine zweite Oper: Alessandro nell Indie, wo man ihn besser verstand, und noch mehr zu Turin, wo er 1788 Isigenia in Aulide mit Beifall aufführte. Nach Paris berufen, machten seine Opern, Demophoon, Lodoiska, Medea etc. immer mehr Aufsehen; den Triumph aber, der ihn aufs höchste hob, erndtete er durch seine allgemein bekannte und berühmte Oper: les deux journées – bei uns unter dem Titel: der Wasserträger, bekannt. Wirklich kann man, ohne partheiisch zu sein, diese Musik als ein Meisterwerk betrachten, da Fülle, Harmonie, Kraft und Erhabenheit mit den angemessensten Charakteren sich vereinen, um dieses Stück auch noch auf die Nachwelt fortgehen zu machen. Was nun noch seine Verdienste weit über andere erhebt, ist seine musterhafte Bescheidenheit, worin auch er dem großen, vielleicht unerreichbaren Mozart, dessen hohen Geist er übrigens mit einer Art Religiosität verehrt, ähnlich ist. Auch wurden seine Verdienste anerkannt, die er, als einer der Fünf Aufseher des neuen musikalischen Nationalinstituts (Conservatorium) zu Paris, für die ihm übergebenen Zöglinge um so wichtiger macht, da er bei den Uebungen mit denselben auf das Ernste, Strenge, Große eben sowohl, als auf sichere Bildung des Geschmacks sein ganzes Augenmerk richtet. Im J. 1805 wurde er auf einige Zeit nach Wien berufen, um für das dasige Hof-Theater eine Oper zu schreiben. Der allgemeinste, lebhafteste Beifall bei seinem Erscheinen, wo [207] er zuerst seine deux journées (hier unter dem Titel: die Tage der Gefahr) selbst dirigirte, ward ihm zu Theil. Die Oper selbst, die er hier setzte, Faniska, wurde endlich 1806 aufgeführt und mit dem lautesten Beifall, so wie der Künstler selbst, aufgenommen. Man findet auch hier wieder Tiefe, Kraft, Feuer, erschütternde Ueberraschungen – nur muß man sie freilich, so wie auch seine übrigen meisten Werke, mehreremal erst hören, um sie ganz zu verstehen. Oft hat er vielleicht seine harmonischen Hülfsmittel zu reichlich und zu üppig angebracht. – Die höchste Theilnahme erregte es, als man diesen großen Künstler im J. 1807 für todt ausgab, aber eben so viel Theilnahme, als die Nachricht widerrufen wurde. Kränklichkeit, die ihn leider! freilich sehr oft heimsucht, und besonders Nervenübel, lassen fürchten, daß jene Nachricht nur gar zu bald einmal sich bestätigen werde.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 207-208.
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