Ehstland

[306] Ehstland – oder Statthalterschaft Reval – eine Landschaft in Liefland, den nördlichen Theil dieser Provinz ausmachend, deren ganze Bevölkerung man auf 180, bis 200,000 schätzt, sehr sandig ist, aber doch auch ergiebigen Getreidebau, Hanf, Flachs, Rindvieh, Pferde etc. hat. Reval ist die Hauptstadt (s. d. Art. IV. 199). – Die Ehsten, eine von den russisch-finnischen Völkerschaften, gehörten schon in den ältesten Zeiten zur russischen Monarchie, wo sie den Nomen Tschuden führen. In der Folge suchten sie sich dieser Oberherrschaft zu entziehen; allein es half ihnen nicht viel, und seit 1386, wo es dem deutschen Orden verkauft wurde, machte es einen Theil des Liefländischen Staates aus, mit welchem es auch, nachdem es 100 Jahre unter Schweden [306] gestanden hatte, unter Rußland kam; die Provinz blieb auch bei demselben, wo dann das Land in der Folge unter Catharina II. den Namen der Revalschen Statthalterschaft erhielt, 1797 aber wieder als Gouvernement Ehstland herge. stellt wurde. Ehstland u. Liefland betragen zwar nur ungefähr den 210ten Theil des unermeßlichen russischen Reichs; allein die russischen Beherrscher haben von jeher auf die Erlangung und Behauptung derselben alles angewandt. Ueber die unglückliche Lage der Leibeignen in Lief- und Ehstland ist, seitdem Merkel (in seinem Buche: Die Letten) und Petri (in s. Werke: Die Ehsten) die Sache zur Sprache brachten, sehr viel geschrieben und gestritten worden, und es dürften denn doch wohl der Aufhebung dieser schändlichen Sklaverei leider! noch manche und große Schwierigkeiten entgegen stehen. – Uebrigens haben die Ehsten meistentheils schlechte Wohnungen, sind rauh und zu Strapazen abgehärtet, bekennen sich zwar zum christlichen Glauben, haben aber noch viele heidnische Ueberbleibsel.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 306-307.
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