Das Meer

[46] Das Meer ist diejenige beträchtliche Sammlung Wassers, welche die niedern Stellen der Oberfläche der Erde bedeckt. Man kann über zwei Drittel unsers Erdbodens rechnen, welche das Meer ausmachen, und das zusammenhände Ganze desselben wird Weltmeer, oder Ocean genannt: einzelne Theile desselben führen bald den Namen Meer, (als: das rothe, schwarze, mittelländische Meer etc.) bald den Namen See (wie: Nordsee, Ost- Sudsee etc.). Das ganze Weltmeer wird gewöhnlich in vier Theile: das Eismeer, das atlantische, das stille und das indische Meer getheilt. Der Boden des Meers hat eben so, wie der des festen Landes, seine Hügel und Berge, (Inseln, Klippen), seine Thäler, Ebenen und Tiefen, indem die Tiefen des Meeres eben so verschieden, wie die Thäler und Niederungen des festen Landes sind: gewöhnlich nimmt man die tiefste Tiefe von einer deutschen Meile an. Von dem gewöhnlichen Wasser der Flüsse und Landseen unterscheidet sich das Meerwasser in mehrerer Hinsicht: theils durch den Geschmack, welcher salzicht, bitterlich, doch an einer Stelle mehr als an der andern, ist; – die Versuche, es trinkbar zu machen, sind vielfach, indessen hat man bis hieher die Destillation immer noch als das beste Mittel gefunden – theils durch das Gewicht, indem es weit schwerer ist; theils auch durch die Farbe, welche bekanntermaßen bläulichgrün – meergrün ausfallt, und von der Klarheit und Dunkelheit des Himmels abhängt. Besonders merkwürdig ist auch das nächtliche Leuchten des Meeres: eine Erscheinung, von welcher die Seefahrer mit Entzücken sprechen. Das Meer scheint, nach dem Berichte derselben, mit funkelnden Sternen besäet, und wirft einen blendenden Glanz zurück: [46] meistentheils geschieht es da, wo sich die Wellen brechen oder an Felsen und Schiffe anschlagen. Dies Phänomen hat man auf mancherlei Art, bald als eine elektrische Erscheinung, bald von faulenden Substanzen (wie z. B. faules Holz bekanntlich auch leuchtet), bald von allerhand leuchtendem Gewürme erklärt. – Die Bewegung des Meeres geschieht durch äußere Ursachen, wovon die Stürme die häufigste abgeben, obgleich an tiefen Stellen das Meer ruhig bleibt: daher in Ostindien die Perlenfischer (s. d. Art. Taucher) bei dem heftigsten Sturme getrost in die Tiefe hinunterfahren. Die Bewegung des Meeres durch Ebbe und Fluth (s. den Art.) ist bekannt. Eben so entsteht noch eine andre Bewegung durch die Strömungen, indem in dem Weltmeere ein beständiger Strom zwischen den Wendekreisen von Osten nach Westen geht. – Noch einige Worte über die muthmaßliche Abnahme des Meerwassers! Man hat nemlich bemerkt, daß das Meer in manchen Gegenden sich immer mehr von den Küsten entferne, z. B. beim Ausflusse des Nils; und dies giebt zu der Vermuthung Anlaß, daß sich das Meerwasser vermindre, und dagegen mehr festes Land entstehe. Allein für diese Hypothese sind wohl bis jetzt noch zu wenig Erfahrungen gemacht, und es giebt auf der andern Seite wohl eben wieder viele Küsten, wo das Meer stärker anspielt, und von der Erde hinwegnimmt.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 46-47.
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