Der Sanhedrin

[340] Der Sanhedrin: dies syrische Wort (im Griech. Synedrium) heißt eine Versammlung mehrerer Leute, die zu gewissen Berathschlagungen zusammenkommen. Bei den Juden war es der Gerichtshof, der, aus Priestern, Leviten und Aeltesten des Volks bestehend, sich in jeder Stadt befand, und in den Thoren gehalten wurde, um über entstandene Streitigkeiten zu entscheiden. Außer diesen Gerichten war nun aber zu Jerusalem der große Sanhedrin, oder das große Synedrium – Luther übersetzt es: den hohen Rath – welcher über alle die Streitigkeiten, die von den kleineren Gerichtshöfen nicht geschlichtet werden konnten, entschied. Es bestand aus 71 Mitgliedern, wozu aber nur verständige weise Männer von guter Familie und gutem Ruf gewahlt wurden. Der Präsident und der nächste nach ihm hatten das höchste Ansehen und die höchste Gewalt, so wie denn überhaupt die Gewalt dieses Collegiums sehr groß und die höchste Instanz war, und fast der königlichen Macht gleich kam. Dieses Gericht, dessen Untersuchungen nicht blos über [340] alle religiöse und Civilangelegenheiten, sondern auch über Krieg und Frieden und sonstige öffentliche Angelegenheiten sich erstreckten, hörte erst mit dem Untergange der Stadt Jerusalem auf. Daß in der neuesten Zeitgeschichte ein von dem französischen Kaiser veranstalteter großer Sanhedrin der Juden diesen Gegenstand wieder aufs neue ins Gedächtniß gebracht hat, haben unsere Leser bei dem Art. Juden i. d. Nachtr. Th. I. S. 498. gesehen.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 340-341.
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