Die Whaabys

[493] * Die Whaabys. Seoud, der Nachfolger Wechabs – mit dessen Regierungsantritt wir diesen Artikel im Hauptwerke schlossen – erfüllte ebenfalls alles mit Schrecken und der Pascha von Bagdad rüstete ein großes Heer gegen ihn aus. Zu gleicher Zeit aber hielten nun auch die Scheiks der Arabischen Stämme, gereitzt durch Seouds Strenge, eine Versammlung, verließen seine Paniere und entflohen, an 16,000 Familien [493] stark, zu dem Pascha von Bagdad. Dennoch verschatte sich Seoud wieder neue Anhänger und am Ende des J. 1804 öfnete ihm auch Medina die Thore – diese Einnahme war der Todesstoß der türkischen Macht in Arabien und mehrere Versuche, die Whaabys zu vertreiben, fielen fruchtlos aus. Seoud, welcher nun sogar die Erwähnung des Namens des Groß-Sultans in den öffentlichen Gebeten untersagte, und statt dessen den Seinigen setzte, ließ, da auch selbst sein Oheim Abdallah eine Partel gegen ihn gebildet hatte, seinen ältesten Sohn, auch Abdallah genannt, gegen Ende des J. 1805 zu seinem Nachfolger erklären: dieser griff im April 1806 mit einem zahlreichen Heere Imam Ali, eine wegen des heiligen Grabes wichtige Stadt, ganz unvermuthet an; doch ward er zurückgeschlagen, und mehrere Angriffe auf andere Städte mislangen ebenfalls. Da indessen sein Vater, Seoud, wichtige Siege über die Pilgrimme zu Mekka davon getragen hatte, und er sich auch anmaßte, der Führer der Caravanen zu sein, so mußte sich der Großherr aufs neue gegen ihn rüsten, und in der Umgebung von Damast wurden nun seit 1806 große Zurüstungen gemacht, wozu Yussef-Pascha – derselbe, welcher als Groß-Bezier den Traktat von El Arish abschloß und dessen Heer auch bei Heliopolis vom General Kleber gänzlich geschlagen wurde – den Oberbefehl erhielt. Unterdessen ging auch Djedda, die einzige Festung, die noch nicht in den Händen der Whaabys war, wegen der unendlichen Zögerungen von Seiten der Pforte, diesen Platz zu unterstützen, an die Whaabys verloren. Die Zeit zur Abreise der Karavane brach auch heran, welche Yussef schützen sollte; allein zu schwach mit seinen Truppen, konnte er den drohenden Whaabys keinen Widerstand leisten – er floh und die Pilgrimme kamen zum Theil um, zum Theil konnten sie sich mit großer Mühe und Noth nach Damask fluchten, wo alles in der größten Bestürzung war. Hätte Seoud diesen günstigen Augenblick benutzt, so wäre Damask und ganz Syrien ohne Zweifel ihm zur Beute geworden. Jetzt muß man erwarten, welchen Ausgang dieser Kampf der Whaabiten mit der Pforte nehmen [494] werde. Ob er für die letztere, die immer durch unendliche Zögerungen, ihren Kriegsbeamten beizustehen, so vieles verdirbt, und deren Staatsdiener selbst so sehr oft Bestechungen aller Art sich hingehen, günstig ausfallen werde? ist wol eine nicht so schwer zu beantwortende Frage.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 493-495.
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