Junius [2]

[518] Junius (die Briefe des) sind eine Reihe von Briefen politischen Inhalts, welche in England in einer von dem Buchdrucker Woodfall herausgegebenen Zeitschrift 1769–71 erschienen und größtentheils mit dem Namen Junius unterzeichnet waren. Die Schärfe, Sachkenntniß, Kühnheit und stylistische Reinheit, mit welcher diese Briefe geschrieben waren, das undurchdringliche Geheimniß, welches über dem wahren Namen ihres Verfassers schwebte, endlich die Art, wie die speciellsten Verhältnisse der Männer, welchen damals die Leitung des Staats anvertraut war, aufgedeckt und angefochten wurden – alles Dieses schuf den Briefen ebenso eifrige Bewunderer als eifrige Gegner. Gesammelt erschienen die Briefe 1772 und in einer vermehrten Ausgabe 1812. Gegen den Herausgeber der Briefe wurde 1770 ein proceß geführt, dessen Verhandlungen aber endlich niedergeschlagen wurden. Über den Verfasser, welcher jedenfalls eine bedeutende Stellung im Staatsleben eingenommen haben muß, sind sehr verschiedene Vermuthungen aufgestellt worden. Am meisten Wahrscheinlichkeit hat die Meinung, daß der 1818 verstorbene Sir Philipp Francis, welcher unter dem Gouverneur Hastings Beisitzer des hohen Raths von Ostindien war, später Parlamentsmitglied wurde und sich als Redner und Staatsmann auszeichnete. In seiner erst vor Kurzem versteigerten Bibliothek hat man Exemplare der Briefe mit handschriftlichen Bemerkungen und Verbesserungen gefunden, und die Handschrift zeigte eine merkwürdige Übereinstimmung mit derjenigen, welche ursprünglich dem Buchdrucker Woodfall mitgetheilt worden ist.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 518.
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