Zunge

[822] Zunge heißt das bekannte, fleischige, länglich abgeplattete und abgerundete Organ in der Mundhöhle des menschlichen und thierischen Körpers, welches hauptsächlich aus Muskeln besteht und von einer Schleimhaut umhüllt ist, welche die Fortsetzung von der das Innere des Mundes auskleidenden ist. Auf ihrer obern Fläche befinden sich zahlreiche linsen-, kegel- und schwammförmige Erhabenheiten, die aus Gefäß- und Nervenenden bestehenden Zungenwärzchen. Mit dem hintern, breiten Theile, der sogenannten Zungenwurzel, geht sie in der Mitte in den Kehldeckel, zu beiden Seiten in die vordern Pfeiler des Gaumensegels über und ist an der kleinern untern Fläche mit einer dreieckigen Falte der Schleimhaut, dem Zungenbändchen, befestigt. Die Zunge ist das Hauptorgan des Geschmacksvermögens, dient in Gemeinschaft mit den übrigen Gebilden des Mundes zur Articulation der Worte, also zum Sprechen. Außerdem wirkt sie beim Saugen, beim Kauen und Genusse von Nahrungsmitteln ebenso wie bei Entleerung der Auswurfsstoffe mit, welche ihren Ausweg durch den Mund nehmen. Von den an der Zunge vorkommenden Bildungsfehlern ist übermäßige Länge eine der Ursachen des Stammelns; zuweilen ist ihre Spitze gespalten; öfter ist sie mit der untern Fläche verwachsen, wo dann meist das Durchschneiden des Zungenbändchens nöthig wird, welches aber auch zuweilen ganz fehlt. Von den Krankheiten, welchen sie unterworfen ist, sind die Zungenentzündung und der Zungenkrebs die schrecklichsten und letztere namentlich meist unheilbar. Außerdem ist sie oft der Sitz skorbutischer und venerischer Geschwüre. Das Verhalten der Zunge während des Verlaufs aller Krankheiten hat von jeher die besondere Aufmerksamkeit der Ärzte auf sich gezogen, insofern sich daraus Näheres über manche Krankheitsverhältnisse mit erkennen und danach ein Heilverfahren bestimmen läßt. Da die Zunge eins der vorzüglichsten Organe zum Sprechen ist, wird in vielen Sprachen der Ausdruck Zunge gleichbedeutend mit Sprache gebraucht. Außerdem erhalten allerlei längliche, einer Zunge mehr und minder ähnliche Theile an Maschinen, musikalischen Instrumenten diesen Namen, wie z.B. an der Wage (s.d.) und die schwachen Messingblättchen im Mundstück der Orgelpfeifen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 822.
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