Valentine von Mailand

[287] Valentine von Mailand, die Tochter von Galeazzo Visconti und Isabellens von Frankreich, wurde durch diese ihre Abkunft Ursache der blutigen Kriege, welche längst nach ihrem Tode Ludwig XII. und Franz I. um den Besitz von Mailand führten. Im Jahre 1389 hatte man sie mit dem schönen, liebenswürdigen Herzoge von Orleans, Bruder Karl's Vl. von Frankreich, vermählt; aber je inniger sie ihn liebte, je schmerzlicher mußte es für sie sein, daß die wollüstige Königin Isabelle gleiche Empfindung mit ihr hegte und jede Lockung versuchte, um den anziehenden Schwager in ihren Netzen zu verstricken. Leider gelang ihr dieß auch nur zu wohl, und Valentine mußte sich mit der Achtung ihres Gemahls und dem großen Einflusse, den sie auf den armen, geisteskranken König übte, begnügen. Es war damals eine böse, sittenlose Zeit voll Intriguen, Streit und Mord, und auch Valentine sollte ihre Schwere empfinden. Die mächtigsten Großen des Reichs, die Herzöge von Orleans und Burgund, befehdeten einander unaufhörlich und trachteten sich sogar nach dem Leben. Plötzlich wurde die Herzogin von Orleans von ihren Feinden beschuldigt, Gift, welches dem Herzoge von Burgund bestimmt gewesen wäre, aus Eifersucht ihrem Gatten beigebracht zu haben. Obgleich völlig unschuldig, wurde sie dennoch nach Neufchatel verbannt, aber auch schnell wieder zurückgerufen, weil die Verläumdung erkannt worden war. Kaum wieder[287] in ihre gewohnten Rechte eingesetzt, traf sie 1407 der harte Schlag, ihren immer gleichgeliebten Gemahl durch den Herzog von Burgund, welcher ihn in den Straßen von Paris selbst ermorden ließ, zu verlieren. Vergebens flehete sie um strenge Bestrafung dieser Unthat, der Mörder war zu keck und mächtig, der König zu schwach und Isabelle zu klug, um nicht den zu schonen, der ihr selbst verderblich werden konnte. Trauernd zog sich V. nach Blois zu ihren Kindern zurück und starb daselbst 1408 aus Kummer, daß Orleans ungerächt blieb, ein Ereigniß, welches erst später eintrat.

F.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 287-288.
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