Baumann, Julius

[48] Baumann, Julius, geb. 1837 in Frankfurt a. M., Prof. in Göttingen. B. vertritt einen Idealrealismus. Philosophieren heißt, »sich durch Nachdenken in der Welt orientieren«. Die Erkenntnislehre beginnt mit dem Phänomenalismus, »Wir kennen bloß unsere Vorstellungen, nicht die Dinge als solche.« Aber nur durch Setzung einer absoluten Realität läßt sich die Wahrnehmungswelt begreiflich machen und so siegt der Realismus. Unseren Anschauungs- und Denkformen entspricht etwas in den Dingen selbst, sie sind apriorisch und doch nicht ohne Grundlage in der Wirklichkeit,[48] durch welche das Wissen bedingt ist. Geistiges und Körperliches sind verschieden und nicht auseinander ableitbar; doch sind die psychischen Funktionen an die physiologischen gebunden. Die Substanz der Seele ist unzerstörbar; eine Unsterblichkeit besteht, indem die Wiederkehr der Seele in einem neuen Organismus möglich ist (Eiern, d. Philos. S. 189 f.). Die Annahme der Existenz Gottes beruht auf sittlichen Motiven. Die Welt ist eine Manifestation des göttlichen Denkens. Moralprinzip ist die »Erhaltung und Förderung der Menschheit« (l. c. S. 158 ff.).

SCHRIFTEN: Philosophie als Orientierung über die Welt, 1872. – Sechs Vorträge auf dem Gebiete der praktischen Philos., 1874. – Handbuch d. Moral nebst Abriß der Rechtsphilos., 1879. – Elemente d, Philos., 1891. – Über Willens- u. Charakterbild., 1897. – Die grundleg. Tats. z. e. wiss. Welt- u. Lebensansch., 2. A. 1901. – Die Grundfrage d. Religion, 1895. – Realwiss. Begründ. d. Moral, d. Rechts- u. d. Gotteslehre, 1898. – Über Religionen u. Religion, 1905. – Die Lehren von Raum, Zeit u. Mathematik, 1868. – Gesch. d. Philos., 1890. – Deutsche u. außerdeutsche Philos. d. letzten Jahrzehnte, 1903 u. a.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 48-49.
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