Baumann [2]

[474] Baumann, 1) Julius, Philosoph, geb. 22. April 1837 in Frankfurt a. M., studierte in Göttingen unter Lotze Philosophie, wurde Gymnasiallehrer in seiner Vaterstadt und 1869 (auf Lotzes Betrieb) Professor der Philosophie in Göttingen, wo er noch wirkt. Seine Hauptschriften sind: »Die Lehren von Raum, Zeit und Mathematik in der neuern Philosophie nach ihrem ganzen Einfluß dargestellt und beurteilt« (Berl. 1868–69, 2 Bde.); »Philosophie als Orientierung über die Welt« (Leipz. 1872), die Lotzes Einfluß verrät; »Handbuch der Moral nebst Abriß der Rechtsphilosophie« (das. 1879); »Elemente der Philosophie« (das. 1891); »Realwissenschaftliche Begründung der Moral, des Rechts und der Gotteslehre« (das. 1898). Außerdem schrieb er noch unter anderm: »Die Staatslehre des heil. Thomas von Aquino« (Leipz. 1873); »Geschichte der Philosophie nach Ideengehalt und Beweisen« (Gotha 1890); »Volksschulen, höhere Schulen und Universitäten« (Götting. 1893); »Einführung in die Pädagogik« (2. Aufl., Leipz. 1901).

2) Franz Ludwig, Geschichtsforscher, geb. 8. Juni 1046 zu Leutkirch im Algäu, studierte in München, ward 1873 Fürstenbergischer Archivar in Donaueschingen, 1895 bayrischer Archivar und wurde 1896 zum Reichsarchivrat in München ernannt. Seine Hauptwerke, meist Quellenpublikationen, sind: »Quellen zur Geschichte des Bauernkriegs in Oberschwaben« (Liter. Verein, Stuttg. 1876); »Quellen zur Geschichte des Bauernkriegs aus Rothenburg an der Tauber« (ebenda, 1878); »Akten zur Geschichte des deutschen Bauernkriegs aus Oberschwaben« (Freib. i. Br. 1877); »Die Gaugrafschaften im wirtembergischen Schwaben« (Stuttg. 1879); »Geschichte des Algäus« (Kempten 1882–94, 3 Bde.); »Fürstenbergisches Urkundenbuch, landesgeschichtlicher Teil« (Bd. 5–7, Tübing. 1885–91); »Necrologia Germaniae Tom. I« (»Monum. German. histor.«, Berl. 1888); »Mitteilungen aus dem Fürsten bergischen Archiv« (Tübing. 1894, Bd. 1); »Die Zwölf Artikel der oberschwäbischen Bauern« (Kempten 1896); »Forschungen zur schwäbischen Geschichte« (das. 1898).

3) Eugen, Physiolog, geb. 12. Dez. 1846 in Kannstatt, gest. 3. Nov. 1896 in Freiburg, studierte in Stuttgart, Tübingen und Straßburg, wurde 1877 Abteilungsvorsteher am Physiologischen Institut in Berlin, habilitierte sich an der dortigen Universität, erhielt 1882 eine außerordentliche Professur und wurde 1883 ordentlicher Professor in Freiburg. B. lieferte bedeutende Arbeiten über synthetische Prozesse im Tierkörper und wies namentlich das normale Vorkommen von Jod im Tierkörper, speziell in der Schilddrüse als Thyrojodin nach. Dieser Nachweis brachte eine Erklärung mancher Erscheinungen beim Kropf und Kretinismus und gab den Anstoß zur Wiederbelebung der Organtherapie. Vgl. Kossel, Zur Erinnerung an E. B. (Straßb. 1897).

4) Oskar, Afrikareisender, geb. 25. Juni 1864 in Wien, gest. daselbst 12. Okt. 1899, studierte in Leipzig Geographie und Naturwissenschaften, bereiste 1883 Montenegro und begleitete 1885 Oskar Lenz auf seiner Kongofahrt bis zu den Stanley-Fällen, wo er durch Krankheit zur Umkehr genötigt wurde. Auf der Rückreise machte er eine kartographische Aufnahme des Stromlaufes und erforschte 1886 die Insel Fernando Po. Als Begleiter von Hans Meyer auf seiner Reise zum Kilimandscharo, die durch den Aufstand Buschiris und die Gefangennahme beider Reisender ein vorzeitiges Ende fand, erforschte er Usambara. Nachdem B. 1889 zum zweitenmal Montenegro besucht hatte, erforschte er 1890 im Auftrage der Deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft Usambara und seine Nebenländer. Als Führer einer Expedition des deutschen Antisklaverei-Vereins unternahm er 1891–93 eine Reise zum Victoriasee, untersuchte die noch wenig bekannten Gebiete im Süden und Westen desselben und wies den Kagera als größten Zufluß des Victoriasees, somit als eigentlichen Quellfluß des Nils nach. Im Auftrage des Vereins für Erdkunde zu Leipzig unternahm B. 1895 eine wissenschaftliche Durchforschung der Inseln Sansibar, Pemba und Mafia. Seit 1896 war B. österreichischer Honorarkonsul in Sansibar. Er veröffentlichte: »Fernando Póo und die Bube« (Wien 1887); »In Deutsch-Ostafrika während des Aufstandes« (das. 1890); »Usambara und seine Nachbargebiete« (Berl. 1891); »Durch Massailand zur Nilquelle« (das. 1894); »Der Sansibar-Archipel« (Leipz. 1896–99,3 Hefte). Aus seinem Nachlaß erschienen »Afrikanische Skizzen« (Berl. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 474.
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