Kempten

[833] Kempten, unmittelbare Stadt im bayr. Regbez. Schwaben, an der Iller, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien München-Lindau, K.-Neuulm und K.-Pfronten, 694 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, Schloß, ein schönes Rathaus, mehrere freie Plätze mit ausgedehnten, hübschen Anlagen (Stadtpark) und (1900) mit Garnison (ein Infanteriebataillon Nr. 20) 18,864 Einw., davon 3722 Evangelische und 68 Juden.

Wappen von Kempten.
Wappen von Kempten.

Die Industrie umfaßt Baumwollspinnerei und-Weberei, Papier-, Holzstoff-, Maschinen-, Strumpfwaren-, Baumwollenzwirn-, Zündhölzer-, Holzleisten-, Pulver- etc. Fabrikation, Herstellung von mathematischen Instrumenten und Bierbrauerei; der Handel der Stadt, die Stapelplatz des Algäus ist, wird durch eine Handelskammer und eine Reichsbanknebenstelle unterstützt. K. hat ein Gymnasium, Realschule, Institut der Englischen Fräulein, 2 Waisenhäuser und ist Sitz eines Landgerichts, Bezirksamts, Forstamts und einer Eisenbahnbetriebsdirektion. Die städtischen Behörden zählen 14 Magistratsmitglieder und 36 Gemeinde bevollmächtigte. Auf dem nahen Lindenberg wurden bedeutende Ausgrabungen römischer Altertümer vorgenommen. – Zum Landgerichtsbezirk K. gehören die 10 Amtsgerichte zu Füssen, Immenstadt, Kaufbeuren, K., Lindau, Oberdorf, Obergünzburg, Schongau, Sonthofen und Weiler. – K., das Cambodunum der Römer, bildete vormals zwei Städte, die Alt- und die Neustadt, die stets auf feindlichem Fuße miteinander standen. Die Altstadt (im Tal) ward seit 1289 Reichsstadt, trat 1331 dem Schwäbischen Städtebund bei und nahm 1527 die Reformation an; die höher gelegene Neu- oder Stiftsstadt war der Hauptort der gefürsteten Abtei K. (s. die Geschichtskarte bei Art. »Bayern«). Die[833] Äbte des vormaligen, 773 von Hildegard, der dritten Gemahlin Karls d. Gr., errichteten Benediktinerklosters waren seit 1360 Reichsfürsten. Im Dreißigjährigen Kriege fiel K. 1633 und 1634 in die Hände der Kaiserlichen, doch nahmen es 1646 die Schweden wieder ein. Am 13. Nov. 1703 ward es von den Franzosen erobert. Am 17. Sept. 1796 siegten hier die Österreicher über die Franzosen. 1803 kamen Stadt und Abtei an Bayern. Vgl. Haggenmüller, Geschichte der Stadt und der gefürsteten Grafschaft K. (Bd. 1, bis zum Ende des Bauernkriegs, Kempt. 1840); Meirhofer, Geschichtliche Darstellung der denkwürdigsten Schicksale der Stadt K. (das. 1856); Förderreuther, Die Stadt K. und ihre Umgebung (das. 1901); v. Hößle, Geschichte der alten Papiermühlen im ehemaligen Stift K. und in der Reichsstadt K. (das. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 833-834.
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